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Unter Generalverdacht?

Posted in Medien, Nachdenkliches, Politik, Standpunkt, and wasmirindensinnkommt

Die Vorratsdatenspeicherung ist noch lange nicht vom Tisch. Trotz NSA-Affäre ist die Bundesregierung gewillt, weitere Daten prophylaktisch, wie sie sagt, zu erheben und zu speichern.

Wie sinnlos diese Datenspeicherung ist und wie effizient sie eingesetzt wird, zeigt schon die Überwachung, die sich im Fall Zschäpe nicht mit Ruhm bekleckert hat – um es freundlich auszudrücken. Man kann hier durchaus auch von Vollversagen der an der Überwachung beteiligten Behörden sprechen.

Gerade im Zeichen der allumfassenden Überwachung durch die NSA, der dunklen Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz und das Schweigen unserer Regierung dazu, lässt mich misstrauisch werden. Und das oder gerade obwohl Herr Pofalla die Affäre für beendet erklärt hat.

Ich habe nichts zu verbergen. Meine Telefonate kann jeder mithören, wenn er sich das antun möchte. Das trifft sicherlich auch auf die Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen zu. Deshalb muss man sich fragen, hilft das, auch nur einen Bösewicht zu fangen? Nein, sicherlich nicht. Auch die Datenspeicherung wird nicht helfen, wie die Beispiele der Vergangenheit zeigen. Verdächtige werden abgehört, denn es scheint keine große Schwierigkeit zu sein, eine richterliche Genehmigung zu Abhörung zu erhalten. Anders ist nicht erklärbar, warum die Rate der Abgehörten so gestiegen ist.

Was macht man mit den Daten, die man so gespeichert hat? Zumindest muss man sie auf Schlüsselwörter überprüfen, denn sonst macht es wenig Sinn, die Daten zu speichern. Das geschieht sicherlich mit Hilfe eines Computerprogramms, dass die Daten überprüft. Daten, die irgendwo aufbewahrt werden, sind angreifbar. Wie viele Meldungen über gehackte Datenbanken belegen. Davor sind auch Daten nicht sicher, die von der Bundesregierung verwahrt wurden.

Wenn ich nichts zu verbergen habe, warum bin ich dann überhaupt dagegen?
Wohin Überwachung führen kann, kennen wir aus nicht rühmlicher Vergangenheit. Da möchte ich nicht hin. Hinzu kommt, dass viele Dingen die Behörden nichts angehen. Schon die Datenzusammenführung aus verschiedenen Quellen gibt ein umfassendes Bild einer Person. Dies habe 2009 ich in meinem Artikel »Der gläserne Deutsche! oder Hilfe, meine Daten!« aufmerksam gemacht.
Auch wenn ich nichts zu verbergen habe, so habe ich das Recht an meinen Daten. Dieses Recht kann mir auch die Bundesregierung nicht nehmen, zumindest nicht, solange wir hier in diesem Land in einer Demokratie leben. Das soll auch so bleiben.

Gesammelte Daten wecken Begehrlichkeiten, nicht nur bei Kriminellen,  und machen Missbrauch möglich. Was ist, wenn Daten, die auf diese oder eine ähnliche Art und Weise erhoben worden sind, mir Möglichkeiten nehmen, mein Leben selbstbestimmt zu führen?
Da kann nichts passieren, denken Sie? Vor kurzem wurde einer Frau die Einreise in die USA verweigert, weil sie depressiv ist (Broder refusal for depressed paraplegic Shows Canada-U.S. security co-operation has gone too far: Walkom).
Ein unter Umständen zu verschmerzender Vorgang, wenn man nicht in die USA einreisen darf.  (Ironie aus)
Die Kenntnis von einer Depression in Behördenhänden kann der Anfang sein. Das Ende ist sicherlich offen, wenn man den Gedanken weiterdenkt.

Bisher ist in keiner Weise nachgewiesen, dass diese Datenerhebung und Telefonüberwachung überhaupt die Wirkung zeigt, die ihr nachgesagt wird. Ich erinnere an mein Anfangsbeispiel, dem Fall Zschäpe.

Die Möglichkeiten der Überwachung, wie sie durch Computer, Handy und so weiter noch möglich sein werden, ist heute noch gar nicht abzusehen.
Durch Edward Snowden sind einige Details der Überwachung bekannt geworden, die von der NSA, GCHQ und BND durchgeführt worden sind und durchgeführt werden. Und immer noch werden weitere Details bekannt, die das unvorstellbare Maß der Datensammlung erahnen lassen.

Sicherlich sind unsere Verbrecher nicht so dumm, dass sie solche Dinge bei der Planung unberücksichtigt lassen. Wenn doch, hätte man sie sicherlich auch so dingfest gemacht.

Ich sehe keinen Grund, warum diese Datensammlung hier in unserem Land stattfinden muss.
Ich lebe gerne hier und möchte, dass das auch so bleibt. Nicht nur für mich, sondern auch für die folgenden Generationen. Eine Diktatur hatten wir schon einmal. Ich möchte sie nicht erleben! Mir reichen hier die gelesenen und in Filmen gesehenen Ereignisse dazu.
Deshalb fordere ich unsere Politiker auf, die globale »Unter Verdachtstellung« aufzugeben, und als Gegenbewegung für mehr Transparenz zu sorgen.

Schließen möchte ich mit der Aufforderung, die Reinhard Mey vertont hat: Sei wachsam

Das Lied Sei wachsam von Reinhard Mey
Der Text http://www.reinhard-mey.de/start/texte/alben/sei-wachsam

Wer sich das Lied im Original anhören möchte, kann das HIER tun.

c’t- Artikel
Christiane Schulzki-Haddouti
Abhören als Massengeschäft

Präventiv-polizeiliche Telekommunikationsüberwachung