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Individualisierte Hausaufgabe in der Grundschule ist möglich

Posted in Bildung, Inklusion, Lernen, Sachtext, and Schule

Schon bevor sie überhaupt einmal in der Schule waren, haben Kinder ein genaues Bild von dem, was dort abläuft. Man lernt Lesen, Schreiben und Rechnen und bekommt Hausaufgaben auf. So einfach, so klar.

Das »Wissen« haben sie von ihren Eltern und Großeltern.
Aussagen wie: »Jetzt beginnt der Ernst des Lebens!«, machen Angst vor Unbekanntem und verunsichern, denn ein Kind weiß nicht, ob es den Anforderungen genügt. Ein Grund, warum ich solche Sprüche nicht mag.

Schule muss Spaß machen, um die Grundlage für lebenslanges Lernen zu legen. Klick um zu Tweeten

Freude ist allerdings nicht die einzige Voraussetzung für eine erfolgreiche Schullaufbahn oder einen erfolgreichen Lebensweg.

Frustrationstoleranz, Beständigkeit, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung gehören ebenfalls dazu.

Auch meine Schüler hatten, als sie in die Schule kamen, die Erwartung, Hausaufgaben machen zu müssen. Sie haben sich regelrecht darauf gefreut und sie eingefordert, weil dies ein nach außen sichtbarer Unterschied zur Kita war, die sie bis dahin besucht hatten.

Hausaufgaben haben meines Erachtens nur den Sinn zu üben. Klick um zu Tweeten

In Grundschulen werden Hausaufgaben allerdings auch mit Blick auf die weiterführenden Schulen gegeben, die diese einfordern.

Lesen üben, Einmaleins üben, Rechtschreiben üben als sinnvolle Tätigkeit nach dem Unterricht.
Das setzt natürlich voraus, dass ein Weg gefunden wird, der genau das ermöglicht und dazu noch die individuelle Leistungsfähigkeit der Schüler berücksichtigt. Hört sich schwierig an, wurde aber meines Erachtens durch eine einfache Lösung gut gelöst.

Zur Erinnerung: Es geht bei den Hausaufgaben nur um Übung in den wichtigen Kernfächern: Lesen, Schreiben, Rechnen.
Außerdem sollte der individuelle Entwicklungsstand der Schüler berücksichtigt werden.
In Verbindung mit Beständigkeit, Eigenverantwortung und Selbstständigkeit schon anspruchsvoll.

Dazu muss ich noch erwähnen, dass ich an einer Schule gearbeitet habe, die altersgemischte Klasse hatte und einen ausgesprochen hohen Anteil an Freiarbeitszeiten. Da jedes Jahr nur wenige Kinder hinzukamen, wuchsen die neuen Schüler in die Klassengemeinschaft hinein und übernahmen die geltenden Regeln. Gleiches galt für Eltern, die auf Eltern älterer Kinder trafen und so auf Erfahrungen aus erster Hand zugreifen konten. Auch zu der Hausaufgabenlösung.

Eine Möglichkeit, Übungshausaufgaben in der Grundschule zu individualisieren. Klick um zu Tweeten

Jedes Kind erhielt zu Schuljahresbeginn ein Arbeitsheft für Mathematik und Sprache. Als Mindestlevel mussten in der Woche zwei Seiten darin erarbeitet (geübt) werden. Wer mehr machen wollte, durfte das. Allerdings nur, wenn die Freizeit nicht zu kurz kam, Das wurde ebenfalls bei der Hausaufgabenkontrolle erfragt, wenn viele Seiten bearbeitet worden waren.
Die Hausaufgaben wurden immer am gleichen Tag kontrolliert. Ein fester Rahmen, der bei der Einteilung des täglichen Pensums helfen sollte.
Hilfe bei der Einteilung der Hausaufgaben für die Woche gab es auch von mir, wenn ich sah, dass ein Schüler dabei Schwierigkeiten hatte. So kreuzte ich vor Schulschluss die am Nachmittag zu erledigen Aufgaben im Heft an, bis der Schüler signalisierte, er wolle es nun ohne Hilfe probieren.

Mit den Eltern war abgesprochen, dass die Kinder die Hausaufgaben selbstständig erledigten und nicht im Beisein oder mit intensiver Hilfe der Eltern. Dies galt allerdings nicht fürs Vorlesen, dass täglich als Abendritual gewünscht war.
Hier sollten Eltern und Kind im Wechsel vorlesen, um gerade am Anfang die Kinder nicht durch die Textmenge zu überfordern, was bei einem Leseanfänger schnell passieren kann. Auch ältere Schüler sollten täglich einem Elternteil vorlesen. Beispielsweise das Sprechen über die gerade gelesenen Texte, erklären unbekannter Vorkabeln usw. ist so problemlos möglich. Das verbessert nicht nur das Textverständnis, sondern fördert auch die soziale Beziehung.

Neuer Lernstoff wird nur durch den Lehrer erklärt. #Hausaufgabe #Grundschule Klick um zu Tweeten

Eine weitere wichtige Absprache war, dass bei allem Neuen der Lehrer die Einführung macht. Durch die offene Lernumgebung war dafür immer genügend Zeit vorhanden. Klappte das nicht in dieser Zeit, setzte man sich nach dem Unterricht kurz zusammen.

Die Schüler fertigten in der Regel mehr Aufgaben an als sie mussten, ohne dass dies von Lehrern oder Eltern gefordert worden wäre. Es gab Schüler im 4. Schuljahr, die in Arbeitsheften des 6. Schuljahres arbeiteten.

In der Rückschau muss ich sagen, dass dieses Vorgehen auch heute noch von mir favorisiert wird.

Es gab natürlich auch Ausreißer, das möchte ich nicht verschweigen. Allerdings nicht bei den Kindern, sondern bei den ehrgeizigen Eltern.
So habe ich einer Mutter einmal bei einem Elterngespräch ein Arbeitsheft überreicht und das kommentiert mit: Sie würde ja so gerne im Arbeitsheft ihres Kindes arbeiten, dass ich ihr ein eigenes überreichen möchte. Selbstverständlich sei ich bereit, es zu kontrollieren. Das Arbeitsheft ihres Kindes benötige sie nicht mehr, sodass dieses am Nachmittag im eigenen Heft arbeiten könne.
Sie hat das Arbeitsheft nicht mitgenommen, aber verstanden, warum es wichtig war, ihr Kind machen zu lassen.

Selten habe ich darauf hinweisen müssen, dass das Wochensoll nicht erreicht worden ist. Bei einer guten Begründung war dies als Ausnahme auch zugelassen.

Beständigkeit, Selbstverantwortung und Selbsttätigkeit als Grundlage für lebenslanges Lernen. Klick um zu Tweeten

Über die Grundschulzeit hinweg lernten die Schüler Beständigkeit, Selbstverantwortung und Selbsttätigkeit.
Nicht immer verlief alles frustrationsfrei, sodass auch der Umgang mit Frustrationstoleranz gelernt und geübt wurde.

Noch etwas Wichtiges haben die Schüler gelernt: Fehler sind nichts Schlimmes. Sie helfen viel mehr, einen neuen Lösungsweg zu finden. Grundlage des Lernens überhaupt.

Bei einer Ganztagsschule käme die Form der Hausaufgaben für mich nicht infrage. Dazu hier mehr unter: Hausaufgaben an einer Brennpunktschule.

Die Eltern müssen ins Boot geholt werden und eigene Schulerfahrungen über Bord werfen. Klick um zu Tweeten

Natürlich ist es, führt man solche Neuerungen ein, bisweilen etwas beschwerlich, Eltern mit auf diesen Weg zu nehmen. Eltern haben die Schullaufbahn ihres Kindes im Fokus und wollen nur das Beste für ihr Kind.  Das Beste kann man allerdings auf verschiedenen Wegen erreichen und ein Weg, der Spaß macht und die Lust am Lernen erhält, ist sicherlich dem vorzuziehen, der auch schnell ein Leidensweg werden kann. Neugier, keine Angst vor Fehler und die Lust zu lernen bereichern das gesamte Leben.

Gerade in diesem Fall ist das Gespräch wichtig!

Anhand der Menge der erledigten Hausaufgabe, dem Stolz beim Zeigen und der Freude, wieder was geschafft zu haben, war dies sicherlich eine akzeptable Lösung für die Schüler.