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Die virtuelle Realität kann die Wirklichkeit nicht ersetzen

Posted in Bildung, Lernen, Medien, Medienkompetenz, and Schule

“Dafür gibt es doch sicher ‘ne App.”
Ein Satz, den ich relativ häufig mitbekomme. Oder:“Ich hab’ eine neue App, die ist klasse!”

Unser Leben ist mittlerweile App-gesteuert. Naja, ich habe ein bisschen übertrieben, aber bei vielen Menschen ist das so. Es ist ein Schleichendes in Besitznehmen, das man gar nicht so richtig bemerkt.

Navigation früher und heute - aus männlicher Sicht. Klick um zu Tweeten

Früher musste ich, da ich ein Mann bin, mein Ziel langsam einkreisen. Fragen war schlicht unter meiner Würde. Heute habe ich ein Navi und eine nette Frauenstimme sagt mir, wann ich abbiegen muss oder zu schnell fahre. Übernehme ich eine Anweisung nicht und biege nicht ab, so nervt die Stimme eine ganze Weile. Vermutlich, bis die Neuberechnung meiner Route ergeben hat, dass eine Umkehr nicht mehr sinnvoll ist.

Nein, ich will gar nichts gegen das Navi sagen. Ich nutze es gerne und freue mich darüber, dass ich eines mein eigen nennen kann. In fremden Städten kann man so bequem und mit voller Aufmerksamkeit auf den Verkehr sein Ziel erreichen.
Vor Kurzem habe ich aber noch mal eine Karte zur Hand genommen. Die habe ich meist zusätzlich dabei, wenn ich mit meinem Outdoor-Navi unterwegs bin, um zum Beispiel einen GeoCache zu suchen.

Ich weiß zwar noch, dass der obere Rand der Karte Norden anzeigt, und kann so die Karte relativ einfach ausrichten, aber als ich dann mein Ziel finden wollte, musste ich des Öfteren überlegen: Wie war das noch mal.
Ich kenne auch noch die anderen Himmelsrichtungen und kann mich am Stand der Sonne, an der Bemoosung der Bäume, am Kirchturm und vielen anderen Dingen orientieren und die Himmelsrichtung bestimmen – selbst mit den Zeigern meiner Armbanduhr.

Heute gibt es im Grunde für alles eine App. Egal welch dummer Gedanke mir ins Hirn kommt, ich finde die App dazu. Ich finde auch Apps, die die blöden Gedanken in meinem Hirn bei Weitem übertreffen.

Kompetenzen gehen durch Apps verloren, Abhängigkeit ist die Folge. Klick um zu Tweeten

Manche können durchaus sinnvoll sein, wie die beschriebene Navigation. Andere dienen nur der Bequemlichkeit. Sie machen uns faul, träge und was schlimmer ist, wir verlieren Kompetenzen.

Deshalb plädiere ich zum Beispiel dafür, dass man in Kindergarten und Schule erst das Handwerkszeug und Rüstzeug erarbeiten muss, bevor man mit dem Computer arbeitet.

Vor der Nutzung von Apps sollten die Kompetenzen vorhanden sein, es auch ohne zu können. Klick um zu Tweeten

Es ist ungemein schwieriger in Büchern zu recherchieren, und aus dem Gelesenen einen eigenen Text zu erstellen. Ist es dann noch möglich, die erarbeiteten Informationen mit eigenen Worten in einem kurzen Vortrag zusammenzufassen, hat man die Grundfertigkeit gelernt. Nun ist es sicherlich nicht falsch, neue Medien nach und nach mit in die Nutzung einzubeziehen.

Natürlich ist es auch möglich, den Browser zu starten, dort ein Stichwort einzugeben und dieses mittels beliebiger Suchmaschine suchen zu lassen. Anschließend Gefundenes – möglicherweise ohne den Text gelesen zu haben – per Drag and Drop ins eigene Textfenster zu kopieren, auszudrucken und als eigene Arbeit auszugeben. Einen Lerneffekt gibt es bei solchem Vorgehen in der Regel nicht. Apps übernehmen teilweise auch noch das Kopieren und Einfügen, sodass dieser Vorgang nicht mehr ausgeführt werden muss. Wie also soll man Kompetenzen erwerben, wenn man sich die Möglichkeit aus Bequemlichkeit nimmt?

Medienkompetenz = Medien wie Werkzeuge benutzen. Klick um zu Tweeten

Aus diesem Grund, meines Erachtens auch ein Zeichen von (Medien)Kompetenz, abwägen, ob man die App als Werkzeug nutzt oder einfach so. Als Werkzeug genutzt ist eine App sicherlich sinnvoll und kann helfen Wissen und Kompetenzen zu mehren. Grundsätzlich sollte jeder in der Lage sein, dass was die App abnimmt, auch ohne sie erledigen zu können.

Denn, die virtuelle Realität kann die Wirklichkeit nicht ersetzen.