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Altersgemischter Unterricht in der Grundschule

Posted in Übers Lernen, Lernen, Offener Unterricht, Organisation, and Schule

Altersgemischter Unterricht gehört zur täglichen Praxis an reformpädagogisch geführten Schulen wie Petersen, Freinet, Montessori usw.
Ich selbst habe über zwanzig Jahre an einer Schule gearbeitet, die reformpädagogisch ausgerichtet ist. Auch dort gehörte alterssübergreifender Unterricht zur täglichen Unterrichtsarbeit. So waren während der Freiarbeit grundsätzlich alle Altersstufen in einer Klasse zusammengefasst und außerhalb dieser Freiarbeit in der Regel die Altersstufe der fünf-, sechs- und siebenjährigen und die der acht-, neun- und zehnjährigen Kinder.

Da ich in letzter Zeit vermehrt von Kolleginnen und Kollegen gefragt werde, wie das Arbeiten in einer solchen altersübergreifenden Klasse organisiert worden sei und ob alterssübergreifender Unterricht auch Nachteile hat, möchte ich hier versuchen, Vor- und Nachteile dieser Unterrichtsorganisation aufzuzählen.
Ich muss allerdings gleich zu Beginn sagen, dass ich nur Nachteile für Lehrerinnen und Lehrer gefunden habe, die sich allerdings nach einer zeitlichen Beschränkung ins Positive wandeln. Dazu mehr unter der Überschrift „Altersmischung und Lehrer“.

Grundsätzlich lebt und arbeitet man sein ganzes Leben in altersgemischten Gruppen, warum also nicht auch in der Schule?
Auch an der Grundschule gibt es alterssgemischte Gruppen – nicht nur in der Flexiblen Schuleingangsphase, sondern auch im gesamten Bereich des Offenen Ganztags.
Dort gibt es in keinem Angebot eine Jahrgangsgruppe, sondern alle Angebote werden alterssübergreifend angeboten.
Da mehr als die Hälfte der Schüler die Offene Ganztagsschule besuchen, erleben Sie jeden Nachmittag die Vorteile altersgemischter Gruppen.

Von Vorbildern lernen
In der Lerntheorie findet man viele Hinweise auf die Bedeutung des Lernens am Modell oder durch Vorbilder. So können Kinder durch Beobachtungen eines Vorbildes eigene Verhaltensmuster ändern oder neue Verhaltensmuster erlernen. Die Beobachtung von Vorbildern erleichtert das Zurechtfinden in einer Gruppe und vermitteln gleichzeitig Regeln und Rituale.

Rollenwechsel und Persönlichkeitsentwicklung

Durch altersgemischte Gruppen ist der Schüler gezwungen, verschiedene Rollen einzunehmen und auszufüllen. Mit Eintritt in die Gruppe und gleichzeitiger Orientierung an Vorbildern befindet sich der Schüler in der Rolle als Lehrling.
Mit zunehmender Sicherheit wird er in der Rolle des Gesellen wechseln und ist in der Lage, anderen Schülern zu helfen. Zu einem späteren Zeitpunkt kann er die Rolle eines Meisters erreichen (Lehrling, Geselle und Meister sind Begriffe, die in der Petersen-Pädagogik verwendet werden und hier wegen ihrer Anschaulichkeit übernommen worden sind.).
Dadurch, dass jedes Jahr neue Schüler in die altersgemischte Gruppe aufgenommen werden und Schüler gleichzeitig die Gruppe verlassen, werden auch die Rollen neu verteilt.
Zu einer Stigmatisierung, wie es in einer Jahrgangsklasse kommen kann, kommt es in einer alterssgemischten Klasse durch die Möglichkeit der Neuorientierung und neuer Rollenfindung nicht.

Individualisiertes und eigenverantwortliches Lernen
Grundlage des neuen Schulgesetzes in NRW ist individuelles und eigenverantwortliches Lernen.
Altersgemischte Klassen sind zwar nicht Voraussetzung für diese Art des Lernens, unterstützen sie aber entscheidend (siehe: Helfen). Durch den mehrfachen Rollenwechsel vom Kleinen beim Eintritt in die Schule, bis hin zum Großen der Helfer und Vorbild ist, reicht die Entwicklung in altersgemischten Klassen. Individuelle Lernwege, der eigenen Leistungsfähigkeit angepasst und unterstützt durch Lehrer und Mitschüler, sind in dieser Lernumgebung möglich.

Qualität der emotionalen und sozialen Entwicklung
Lernen nach eigenem Tempo und eigenem Entwicklungsstand vermeiden Überforderungen und Frust bei den Schülern. Lernfreude und Neugier werden erhalten und unterstützt. Persönliche Zuwendung durch andere Schüler und den Lehrer und das Helferprinzip geben Sicherheit und Geborgenheit. In einer positiven Lernatmosphäre, in der sich die Kinder geborgen und angenommen fühlen, lernt es leicht und mit Freude.
Diese Voraussetzungen sind Grundlage für eine gute Qualität der emotionalen und sozialen Entwicklung eines jeden Kindes.