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GU oder GL, was bedeutet Inklusion in der Grundschule?

Posted in Bildung, GL = Gemeinsames Lernen, GU = Gemeinsamer Unterricht, Inklusion, Lernen, Nachdenkliches, Schule, and Schulentwicklung

Inklusion - Lehrer fühlen sich allein gelassen! Klick um zu Tweeten

   Mehrfach war in der Presse zu lesen, dass Lehrer sich bei der Umsetzung der Inklusion alleine gelassen fühlen, ja, einen Maulkorb verpasst bekommen, wenn sie sich über mangelnde Unterstützung beschweren.

   Ich kann diese Beschwerden sehr gut nachvollziehen, denn die Umsetzung der Inklusion wird im Wesentlichen den Lehrern überlassen.
Unterstützung? Nein, wenn man von ein paar Fortbildungsangeboten absieht, die in der Regel wie selbstverständlich nach dem Unterricht besucht werden müssen.

Integration und Umsetzung in der Schule = GU, Gemeinsamer Unterricht. Klick um zu Tweeten

   Lange Jahre war es so, dass es einige Schulen gab, an denen Kinder mit Defiziten besonders gefördert wurden. Die Schulen konnte ihre Förderschwerpunkte selbst bestimmen. Ausnahme:  Förderung körperbehinderter Menschen. Sie ist nur dort möglich, wo die räumlichen Voraussetzungen stimmten. Umbaumaßnahmen gab es zu diesem Zeitpunkt kaum.

   Diese Schulen nannten sich »GU-Schule«. »GU« steht für »Gemeinsamer Unterricht von behinderten und nicht behinderten Schülern«. Hatte man als Grundschule den Status einer GU-Schule erlangt, so wurden Sonderschulkollegen  zugewiesen.

   Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Sonderschule zur Förderschule umbenannt wurde, die Pädagoginnen und Pädagogen aber weiterhin die Berufsbezeichnung »Sonderpädagoge«  führen.

AO-SF-Verfahren (Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung - AO-SF) Klick um zu Tweeten

   Die Zuweisung der Sonderpädagogen hing wiederum von den Schülern und deren diagnostizierten Defiziten ab, die durch ein AO-SF-Verfahren (Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung – AO-SF) ermittelt wurden.

   Unterschiedliche Förderschwerpunkte wertet man mit differenten Schwerpunkten bei der Lehrerstundenzuweisung. Ein Schüler mit Körperbehinderung zum Beispiel benötigte mehr Stunden an sonderpädagogischer Betreuung. Dies berücksichtigte man bei der Berechnung der erforderlichen Stundenzahl des Sonderschullehrers.

Ermittlung des Lehrerstundenbedarfs an einer GU-Schule. Klick um zu Tweeten

   Neben der Stundenzahl der Sonderpädagogen muss natürlich auch der Lehrerstundenbedarf einer Schule ermittelt werden.

    Dazu wurden die Schüler mit Sonderförderungsbedarf von der Gesamtschülerzahl abgezogen. Die verbleibe Schülerzahl mit dem aktuellen Zuweisungsschlüssel für Lehrerstunden multipliziert. Gleiches geschah dann mit den Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, um die benötigten Sonderpädagogenstunden zu ermitteln. Dort allerdings mit den unterschiedlichen Gewichtungen.
Auf diese Art errechnete man die Gesamtlehrerstunden, die eine Grundschule benötigte und die Lehrerstunden, die den sonderpädagogischen Förderbedarf durch Sonderschullehrer abdecken sollte.
Jeder Schüler hatte eine gewisse Stundenzahl sonderpädagogischen Förderbedarf. Dieser lag allerdings immer weit unter der Stundenzahl, die die Schüler des entsprechenden Jahrgangs als Unterricht in der Woche erhielten. Das heißt natürlich, dass der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbarf die meiste Zeit im Klassenverband verbrachte, der von einem »normalen Lehrer« geführt wurde.

   Sie erinnern sich? Die Berechnung der Lehrerstunden geschah ohne die Schüler mit entsprechendem Förderbedarf, die allerdings außerhalb ihrer Förderstunden am Unterricht der Regelklasse teilnahmen und betreut werden wollten und mussten.

Da die Förderschüler häufig den Förderunterricht in Kleingruppen erhielten und nicht am Unterricht des Klassenverbandes teilnahmen, war diese Zeit die, die der Berechnung der Lehrerstunden entsprach. Allerdings nur, wenn der Sonderpädagoge nicht in den Vertretungsunterricht musste, weil ein Kollege krank war und Stundenausfall drohte.

Ziele der Integration und Hindernisse im Schulalltag Klick um zu Tweeten

   Durch die sonderpädagogische Förderung in Kleingruppen und teilweise auch in der Klasse während des Unterrichts, sollten diese Schüler integriert werden.

   Erschwerend für Lehrer kam hinzu, dass inzwischen der Schulkindergarten aufgelöst worden war und das Schuleintrittsalter stufenweise herabgesetzt wurde.

   Jüngere Schüler mit teilweise erschreckender Unselbstständigkeit kamen in die Schulen und forderten Aufmerksamkeit und Zuwendung.

Gleichzeitig sollte noch ein „Schulexperiment“ stattfinden, die Flex. Das jahrgangsübergreifende Unterrichten in einer altersgemischten Eingangsklasse. Schüler hatten die Möglichkeit anhand ihres Entwicklungsstandes eine individuelle Verweildauer in den ersten beiden Schuljahre zu verbleiben. Diese lag zwischen ein und drei Jahren. Den Status des Sitzenbleiben gibt es in der Schuleingangsphase nicht, hier nennt man das Verweildauer.
Diese Form der Schuleingangsphase gehört inzwischen zum Standard. Ein altersgemischter Unterricht ist nicht mehr zwingende Voraussetzung, sodass Schüler, die eine längere Verweildauer haben, den Klassenverband wechseln müssen. So viel zum Status des Sitzenbleibens, der sich nicht im Zeugnis manifestiert, allerdings im Wechsel des Klassenverbandes.

Altersgemischter Unterricht Voraussetzung für gelungene Inklusion! Klick um zu Tweeten

   Nein, ich habe nichts gegen altersgemischten Unterricht. Ich befürworte ihn und denke, dass diese Unterrichtsform zwingende Voraussetzung für Inklusion ist. Dazu allerdings in einem anderen Artikel mehr.

   Psychisch auffällige Schüler und Helikoptereltern kommen als weitere Belastungsfaktoren im Schulalltag hinzu.

Von GU zu GL - Gemeinsames Lernen = Inklusion. Klick um zu Tweeten

   Um die Vorgaben zur Inklusion umzusetzen, wurden aus »GU-Schulen«  per Umbenennung »GL-Schulen«. GL steht für gemeinsames Lernen von behinderten und nicht behinderten Schülern. Dies soll schon nach außen demonstrieren, dass man sich von Integration verabschiedet hat und Inklusion auf den Fahnen steht. Nun waren alle Grundschulen plötzlich »GL-Schulen«.

   Gleichzeitig erhielten die Eltern das Recht, Schüler mit Förderbedarf an „normalen“ Grundschulen anzumelden, wenn sie eine Beschulung an einer Förderschule nicht wünschten. Dass viele Eltern hingehen und ihr Kind an einer Grundschule anmelden, kann ich nachvollziehen. Es macht sich nicht so gut und schränkt die Bildungschancen im weiteren schulischen Verlauf ein, wenn in der Vita der Besuch einer Förderschule auftaucht.

GU oder GL, geändert hat sich leider nichts! Klick um zu Tweeten

Inklusion ist ein anstrebenswertes Ziel, das allerdings nicht auf den Rücken von Kindern und Lehrern ausgetragen werden sollte. Eine entsprechende Ausbildung und Ausstattung sollte die Voraussetzung für die Umsetzung sein. Dazu reicht es nicht, wenn ein paar Sonderschullehrer an die Grundschule kommen und ein paar Stunden mit den Förderschülern arbeiten. Teamtesching ist gefordert. Nicht nur stundenweise, sondern während der gesamten Unterrichtszeit. Nicht nur in einzelnen Klassen, sondern in jeder Klasse.

Bildung kostet erst einmal Geld, macht sich aber bezahlt! Klick um zu Tweeten

   Ich kann den Aufschrei hören: Das kostet zu viel Geld! Das ist nicht finanzierbar!
Darauf kann ich nur antworten: Es ist eine Frage der Priorität und des Weitblicks, ob das finanziert werden kann.

   Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt und haben – ich sage es einmal platt – für jeden Mist Geld. Wir haben so viel, dass jedes Jahr der Steuerzahlerbund ein Schwarzbuch herausgibt, indem die Steuerverschwendung angeprangert wird. Wir haben Geld genug, um jedes unsinnige Projekt zu finanzieren, dass sich ein Einzelner oder eine Partei in den Kopf gesetzt hat. Allein das verschwendete Geld wäre eine Grundlage, um Inklusion richtig anzufangen, auf gesunde Beine zu stellen, sodass sie gelingen kann!

   Alles eine Frage des Willens! Weitblick kann man allerdings kaum erwarten, denn Politiker scheinen und in Wahlperioden zu denken und unbedingt durchsetzen zu wollen, was Parteimeinung in Sachen Bildung ist. Eine parteiübergreifende Zusammenarbeit gibt es weder in den Ländern noch im Bund. So nehmen wir unseren Kindern die Chance in einem Land aufzuwachsen, das jeden willkommen heißt und die die Vielfalt zu schätzen weiß.

Es ist noch ein weiter Weg, bis Inklusion auch nur ansatzweise umgesetzt wird. Leider! Klick um zu Tweeten