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Fehlende Neutralität durch die Polizei

Posted in Fahrrad, Köln, and Polizei

  Dass das Verhältnis von Auto- und Radfahrern bisweilen recht gespannt ist, weiß jeder.  Es ist auch menschlich, dass man, je nach dem, welches Verkehrsmittel man benutzt, die gleiche Situation anders empfindet. Leider trägt dieses Erleben als Rad- und/oder Autofahrer nicht zum gegenseitigen Verständnis bei. Das ist schade!

  Es gibt allerdings auch Institutionen, die sind zur Neutralität verpflichtet. Wenn diese Neutralität verloren geht, so kommt es zu einer Berichterstattung, wie sie hier die Polizei in Köln in einer ihrer Meldungen veröffentlich hat.

  Fahrradfahrer als Verkehrsrowdy.

  Schon in der Überschrift wird dem Radfahrer die Schuld an dem Geschehen zugewiesen: »Fahrradfahrer als Verkehrsrowdy – Zeugensuche«.

  Diese Schulzuweisung wird gleich im ersten Satz noch verfestigt, denn dort schreibt die Polizei:
»Am Freitagnachmittag (7. November) hat ein Velofahrer in Köln-Nippes nebst seiner Beherrschung auch das Gleichgewicht verloren. Er kippte um und beschimpfte wüst eine Autofahrerin (54) und ihren Beifahrer (48)«

  Aha, diese Radfahrer also. Die kennen wir ja, unbeherrscht und dann zu blöd das Gleichgewicht zu halten. Das passt gut in das Feindbild, das Autofahrer von Radfahrern haben. Dieses Vorurteil wir hier besonders eindeutig durch die Polizei bestätigt. Diese Vorurteile wurden zumindest von Klaus Neuenhöfer vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik bestätigt, der sagte, »…  dass es stadtweit eine große Gruppe militanter Radfahrer gebe, die schnell fahren wollten und ‚uns drangsalieren, diese Prüfungen zu machen. Sie können davon ausgehen, dass wir nichts tun, das Radfahrer gefährdet. Es ist nur eine objektive Prüfung‘, sicherte er zu.« Quelle: Kölnische Rundschau, Ausgabe Köln Süd, S. 37

  Macht man sich dann die Mühe und liest den Text weiter – vielleicht auch nur, um weitere Vorurteile bestätigt zu bekommen, liest sich das auf einmal ganz anders:

»Auf der Einbahnstraße war es sehr eng, sodass ich sehr dicht an dem Fahrradfahrer vorbeigefahren bin. Ich habe ihn aber nicht berührt. Er schlug jedoch plötzlich auf mein Autodach«, äußerte die Erschrockene bei der Anzeigenaufnahme.«

  Was ich mich bei diesem Satz frage, ist, wie konnte die Autofahrerin den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand von 1,50 m einhalten? Wenn sie ihn nicht berührt hat, so war sie zumindest so nahe an ihm dran, dass er in seiner Not auf das Autodach schlagen konnte.

  Gegebenenfalls versuchen Sie einmal vom Rad aus aufs Autodach zu schlagen. Sie werden sehen, dass das nur schwerlich möglich ist, wenn man nicht gefährlich nah an das Auto heranfährt. Ist dann rechts noch Rinn- und Bordstein, so ist meines Erachtens schon artistisches fahrerisches Können von Nöten, um da nicht zu fallen.

  Ein abgesenkter Gullideckel oder ein herausstehender Stein kann in dieser Situation für einen Sturz sorgen. Es gibt in dieser Situation keine Möglichkeit mehr, auszuweichen. Dafür muss es nicht mal zu einem Kontakt zwischen Auto- und Radfahrer gekommen sein.

»Ich setzte meine Fahrt fort, sah jedoch dass der Radfahrer durch den Schlag sein Gleichgewicht verloren hatte und zu Boden gefallen war«, gab die Autofahrerin weiter an.«

  Interessant, was man als Autofahrer alles wahrnimmt. Der Schlag aufs Autodach war also die Ursache für den Sturz.

»Die Frau eilte dem Gestürzten zu Hilfe. Dieser entgegnete direkt wüste Beschimpfungen und beleidigte auch ihren 48-jährigen Begleiter. Jegliche weitere Kommunikation lehnte der Mann ab.«

  Wenn ich ehrlich bin, so muss ich gestehen, dass ich diese Dame auch nicht freundlich lächelnd und dankbar für die in Aussicht gestellte Hilfeleistung empfangen hätte. Auch ich hätte mich in dieser Situation zu einigen nicht wirklich freundlichen Äußerungen hinreißen lassen. Aber, es kommt noch besser:

»Der Radfahrer ist circa 30 Jahre alt, dunkelhäutig und hat schwarze kurze Haare.«

  Nicht nur einer dieser militanten Radfahrer, die meinen, die Straßen gehöre ihnen, nein, sogar noch einer, der nicht aus Deutschland kommt, wie man an der Hautfarbe erkennen kann.
Die Meldung endet dann mit dem üblichen Zeugenaufruf.

  Es gibt Zündstoff zwischen Rad- und Autofahrern. Dieser entsteht häufig aus Unkenntnis der rechtlichen Lage. Nicht jeder Radweg muss benutzt werden. Schutzstreifen müssen gar nicht benutzt werden und liegen dazu meist noch im Türöffnungsbereich. Der Abstand beim Überholen eines Radfahrers muss mindestens 1,50 m betragen usw..

  Ich möchte nicht verschweigen, dass es auch eine ausreichend große Anzahl an Radfahrern gibt, die sich an keine Verkehrsregel halten. Auch diese erlebe ich jeden Tag und bin der Gefährdung durch diese ausgesetzt. Zusätzlich zu den Gefährdungen durch Autofahrer.

  Einen tendenziös so unberechtigt Schuld zuweisenden Text habe ich allerdings auch noch nicht gelesen. Dazu kommt er noch von einer Behörde, die zur Neutralität verpflichtet ist und Unfälle objektiv aufnehmen soll.

Liebe Polizei,

ich hoffe, dass das nur ein einmaliger Ausrutscher war, der in dieser Form nicht mehr wiederholt wird und obiger Text entsprechend korrigiert wird.

Gleichzeitig hoffe ich, dass entsprechende Ermittlungen gegen die Autofahrerin eingeleitet werden. Sie hat zumindest den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten und so den Radfahrer aktiv gefährdet. Es handelt sich hier meines Erachtens auch nicht um eine fahrlössige Gefährdung. Weitere Erkenntnisse dazu werden vielleicht durch die Ermittlungen erbracht.

Um Ihnen Ihre Arbeit ein wenig zu erleichtern, stelle ich mich gerne zur Erstellung solcher Unfallmeldungen zur Verfügung.

Über eine Rückmeldung Ihrerseits würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Elmar Fischer

LINK
zum zitierten Artikel: http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/12415/2876923/pol-k-141107-5-k-fahrradfahrer-als-verkehrsrowdy-zeugensuche

P.S. Die Info über diesen Artikel habe ich der veröffentlichen Polizeibehörde per E-Mail mitgeteilt.

 UPDATE 12. November 2o14

Gestern noch erreichte mich diese Mail von der Kölner Polizei, die ich hier anonymisiert veröffentliche:

Sehr geehrter Herr Fischer,

Ihre Anfrage ist bei der Polizei Köln eingegangen. Herzlichen Dank dafür.
Ich wurde beauftragt, die von Ihnen in Ihrer Darstellung auf der Internetseite „…Medienecken…“ angedeuteten Fragen zu beantworten, was ich hiermit gerne tue.

In dem Ihrer Anfrage zugrunde liegenden Sachverhalt wurde bei der Polizei Köln Strafanzeige wegen Beleidigung, die durch den Fahrradfahrer begangen wurde, erstattet.

Selbstverständlich prüft die Polizei in diesem Zusammenhang alle verkehrsrechtlichen und strafrechtlichen Verstöße.
Um den Gesamtsachverhalt aufzuklären sucht die Polizei Köln derzeit Zeugen des Vorfalls.

Ich hoffe Ihre Fragen sind damit beantwortet. Gerne stehe ich Ihnen für weitere Nachfragen per Mail oder auch telefonisch zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruß

Hier nun meine Antwort darauf, die ich gerade per Mail versendet habe:

Sehr geehrter Herr XXX,

das war ja fast schneller als die Polizei erlaubt! Danke für diese superschnelle Antwort!

Dass die Polizei verkehrsrechtliche Verstöße auch gegen die Kraftfahrerin prüft, habe ich gehofft und erwartet. Wäre das anders, hätte ich meine gute Meinung von der Polizei fraglos etwas revidieren müssen. Es freut mich, dass ich das nicht tun muss.

Der Schwerpunkt meines Artikels und damit die sich daraus ergebenden Fragen war allerdings ein anderer. Dabei ging es mir, ich formuliere das einmal freundlich, um die unglückliche Darstellung dieses Vorfalls im Polizeibericht im Internet.

Die Verpflichtung, neutral zu erfassen und zu beschreiben, ist hier meines Erachtens nicht gelungen. Dies habe ich in meinem Artikel ausführlich dargestellt und mit Zitaten belegt. Dazu hätte ich gerne Antworten.

Es geht mir dabei nicht darum, die Polizei zu verunglimpfen, sondern vielmehr darum, das etwas »unglückliche« Bild durch diesen Artikel wieder ins rechte Licht zu rücken. Davon abgesehen bin ich der Meinung, dass es unter Radfahrern nicht mehr schwarze Schafe gibt als unter allen anderen Verkehrsteilnehmern auch. Fahrradrowdy und zum Beispiel gerne benutze Vokabel »Fahrradrambo« verbieten sich meines Erachtens in solchen Berichten.

Da ich den Schriftverkehr ebenfalls unter dem Artikel veröffentliche, wäre es schön, wenn Sie Ihre Antwort gleich mittels der Kommentarfunktion hinterlassen. Eine Freischaltung Ihres Beitrages erfolgt umgehend.

Herzlichen Dank!

Mit freundlichen Grüßen
Elmar Fischer

Update 19. November 2014, gerade per E-Mail versandt

Sehr geehrter Herr XXX,

inzwischen muss ich offen gestehen, dass ich doch ein wenig enttäuscht bin.

Enttäuscht, 

  • weil der Artikel immer noch in gleicher Art und Weise im Netz nachzulesen ist, die Vorverurteilung und Diskriminierung des Radfahrers durch die Berichterstattung der Polizei nicht korrigiert worden ist. 
  • weil die durch Sie hochgelegte Messlatte in puncto Schnelligkeit der Beantwortung von Bürgeranfragen jetzt doch erheblich tiefergelegt wurde. 

So interpretiere ich es, dass ich bis heute keine Antwort auf meine Nachfrage erhalten habe. Sicherlich gibt es wichtige Dinge und eine festgelegte Reihenfolge der Bearbeitung. Ich sehe ja auch ein, dass die Beantwortung einer E-Mail mit Textbausteinen, die man gleich in mehreren Antworten verwenden kann, einfacher und zeitsparender ist. Allerdings sehe ich nicht ein, dass ich auf eine qualifizierte Antwort verzichten soll. Hier ist die Polizei ebenso gefordert, wie bei der Korrektur der Unfallberichterstattung.

Ich würde mich doch überaus freuen, wenn der Text der Polizeimeldung so geändert würde, dass er von Objektivität und sachlicher Berichterstattung geprägt ist. Außerdem bitte ich Sie in diesem Zusammenhang recht zeitnah um die angeforderte Stellungnahme. Danke!

Eine Kopie dieser Mail erhält unser Innenminister, Herr Ralf Jäger, mit der Bitte um Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen
Elmar Fischer
Schnelle Reaktion!

 

Am 19. November 2014 10:56 schrieb XXX

Sehr geehrter Herr Fischer.

 Sie haben mich in Ihrer Mail vom 13. November 2014 auf meiner persönlichen Mailadresse angeschrieben. Leider konnte ich Ihre Nachricht erst gestern entgegen nehmen.

Diesbezüglich würde ich Sie bitten, weitere Anfragen immer an unsere zentrale Mailadresse

pressestelle.koeln@polizei.nrw.de

zu richten.

Ich bestätige hiermit den Eingang Ihrer Mails vom 13. und 19. November und übernehme gerne die weitere Bearbeitung Ihres Anliegens.

 Mit freundlichem Gruß

Natürlich habe ich ebenso schnell geantwortet:

Sehr geehrter Herr XX,
da bin ich nun aber etwas verwundert, denn die von mir verwendete E-Mail-Adresse steht in Ihrem Footer. Es ist eine dienstliche E-Mail-Adresse, sodass ich davon ausgehen kann, dass sie abgefragt wird. 
Da Sie mir geantwortet haben, ist es für mich eine Sache der Höflichkeit, auch Ihnen zu antworten und nicht einer Pressestelle, die die Mail anschließend an Sie weiterleitet.
Sicherlich werden Sie  verstehen, dass ich in diesem Fall gerne weiterhin Ihre dienstliche Mail-Adresse verwenden werde, zumal Sie, wie Sie geschrieben haben, mein Anliegen weiter bearbeiten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Elmar Fischer