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Schwimmer oder Nichtschwimmer, das ist hier die Frage!

Posted in Bildung, Lernen, Politik, Sachtext, Schule, and Standpunkt

   Abgesehen davon, dass auch hier wieder eine Aufgabe auf Schule übertragen wird, die sie lange Zeit in dieser Art und Weise nicht leisten musste, ist die Rettungsfähigkeit als Voraussetzung für das Erteilen von Schwimmunterricht nicht neu. Bisher war es allerdings so, dass der Nachweis relativ lax gehandhabt wurde und das regelmäßige Auffrischen dieser Rettungsfähigkeit im Ermessen der Lehrkraft lag.

Rettungsfähigkeit aus juristischer Sicht. Klick um zu Tweeten

   Von daher erst einmal aus meiner Sicht ein begrüßenswerter Schritt, der so bei einer potenziellen juristischen Auseinandersetzung eine große Last von den Schultern der Lehrkraft nehmen kann.

   Das ist allerdings nur ein Gesichtspunkt, der hier sichtbar wird.

Weiterer Bereich von Eltern auf Schule übertragen. Klick um zu Tweeten

   Immer weniger Kinder können schwimmen. Aus diesem Grund ist Schule seitens der Öffentlichkeit gefordert, einen qualifizierten Schwimmunterricht anzubieten. Ich erinnere mich an Zeiten, da gehörte es zum Standard, dass Kinder schwimmen konnten, wenn sie in die Schule kamen. Wieder eine Kompetenz, die verloren gegangen ist und nun recht spät nachgeholt werden muss. Dieses Nachholen liegt scheinbar nicht im Aufgabenbereich der Eltern, sondern wird als zu erfüllende Aufgabe von Schule gefordert.

   So weit, so gut. Das ist machbar und sollte bei zur Verfügungstellung entsprechender personeller Ressourcen kein Problem darstellen. Dazu werden den Lehrkräften Schwimmhelfer zur Seite gestellt, die einen Teil des Schwimmunterrichts leiten. Die Verantwortung hierfür bleibt allerdings bei der Lehrkraft.

Entspricht Rettungsfähigkeit den Anforderungen im Hallenbad? Klick um zu Tweeten

   Voraussetzung für die Erteilung des Schwimmunterrichts ist die Rettungsfähigkeit. Auch das ist richtig und gut so. Immerhin kann es immer passieren, dass ein Kind von der Lehrkraft aus dem Wasser geholt werden muss. Ein Krampf im Bein kann da schon ausreichend sein, um nicht mehr alleine an den Beckenrand schwimmen zu können. Es muss also nicht immer das große Szenario sein, was eine »Rettung« nötig macht.

   Warum allerdings zur Erlangung der Rettungsfähigkeit ein Grundschullehrer 200 Meter in 7 Minuten schwimmen muss, ist mir nicht klar.

   1. Es sei denn, er ist verpflichtet vor der Rettung diese Strecke zurückzulegen. ;-)
Bei einer höchsten 50 Meter langen Schwimmbahn und noch geringerer Seitenbreite, ist dies meines Erachtens eine unsinnige Vorgabe.

   2. Schwimmunterricht, bei dem der Grundschullehrer verantwortlich Aufsicht führt, ist nur beim Schulschwimmen in dafür ausgewiesene Bäder rechtlich relevant. Selbst anwesende Bademeister sind hier nicht verantwortlich. Anders sieht es aus, wenn ein Grundschullehrer zum Beispiel während eines Schullandheimaufenthaltes mit der Klasse ein Schwimmbad aufsucht. Hier wird Eintritt bezahlt und damit obliegt die Rettung allen im Schwimmbad anwesenden Personen und insbesondere dem Bademeister, der über die erweiterten Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen muss.

   Die Wahrscheinlichkeit, dass der zu rettende Schüler nur übers Wasser erreicht werden kann und er 200 Meter entfernt ist, ist ausgesprochen unwahrscheinlich. Größere Entfernungen könnte man hier auch besser durch einen Spurt am Beckenrand zurücklegen, bevor man ins Wasser springt und die Rettung einleitet.

Rettungsfähigkeit alleine kein Garant für guten Schwimmunterricht. Klick um zu Tweeten

   Neben der Rettungsfähigkeit muss meines Erachtens auch eine didaktisch-methodische Kompetenz seitens der Lehrkraft nachgewiesen werden, die Voraussetzung dafür ist, dass Schüler überhaupt schwimmen lernen. Einfach ins Schwimmbad zu fahren und sie dort »planschen« zu lassen, ist für einen qualifizierten Schwimmunterricht etwas wenig.

   Viele Lehrkräfte, die die Rettungsfähigkeit nachgewiesen haben, haben nicht zwingend auch Sport studiert und sind in der Lage, einen qualifizierten Schwimmunterricht durchzuführen. Die Rettungsfähigkeit wurde häufig gemacht, weil dies die Einstellungswahrscheinlichkeit und so den Einstieg in ein Lehrerleben ermöglicht. Schwimmunterricht ist in der Regel ein ungeliebtes Fach und dementsprechend wenige qualifizierte Lehrer gibt es hierfür an Grundschulen.

Fortbildungsetat der Schulen durch Nachweis der Rettungsfähigkeit belastet. Klick um zu Tweeten

   Der Nachweis der Rettungsfähigkeit ist nicht kostenlos, sondern kostet nach aktuellem Stand 60 Euro. Der Lehrer, der die Rettungsfähigkeit erwirbt, muss hierfür an 3 Stunden Theorie und 3 Stunden Praxis teilnehmen. Das entspricht der Länge eines Schultages. Die Kurse werden in der unterrichtsfreien Zeit angeboten, fallen demnach zusätzlich an.

   Die Teilnehmergebühr in Höhe von 60 Euro wird in der Regel aus dem Fortbildungsetat der Schule bezahlt. Das hört sich erst einmal nicht nach viel Geld an, summiert sich allerdings unter Umständen erheblich, je mehr Lehrer nach vier Jahren ihre Rettungsfähigkeit wieder auffrischen und nachweisen müssen. Hier wäre es sicherlich gut und richtig gewesen, wenn diese Zahlung direkt von den Ausbildern mit dem Land abgerechnet würde. Der Fortbildungsetat ist nicht hoch und die Qualifizierungen, die erreicht werden müssen – z.B. Stichwort »Inklusion« – sind nicht gering.

Zusätzliche Qualifikation spiegelt sich nicht im Gehalt. Klick um zu Tweeten

   Hinzu kommt, dass, anders als in der Wirtschaft, zusätzliche Qualifikationen nicht zusätzlich entlohnt werden.

   Warum also sollte eine Lehrkraft, wenn sie es nicht muss, diese Qualifikation erwerben. Weil sie in der Verantwortung den Kindern gegenübersteht?
   Das tun Eltern ebenfalls und ist sicherlich kein Grund in diesem Fall moralischen Druck auf Lehrer auszuüben.

   Weil die Landesregierung es so will?
   Gut und schön, aber dann sollte die Landesregierung auch überlegen, wie sie den Lehrern dies schmackhaft macht.

FAZIT

   Es ist gut, dass der Nachweis der Rettungsfähigkeit für Lehrkräfte nach langer Zeit einen verbindlichen Rhythmus erhält und auf einem juristischen Fundament steht, das die Angreifbarkeit herabsetzt.

So können Schulen unterstützt werden! Klick um zu Tweeten

   Nicht gut ist, dass die Schulen diese Rettungsfähigkeit aus dem Fortbildungsetat bezahlen müssen. Zumindest in dem Moment, da ich das schreibe, ist ein Ausgleich nicht vorgesehen.

   Nicht gut ist, dass nicht gleichzeitig auch für die Qualität des Schwimmunterrichts gesorgt wird, die das Schwimmenlernen überhaupt erst ermöglicht. Es kann nicht sein, dass die Rettungsfähigkeit alleiniges Kriterium für die Durchführung des Schwimmunterrichtes ist. Hier sollte doch noch einmal nachgebessert werden.

   Nicht gut ist, dass auch hier eine Qualifikation durch die Lehrkraft erworben wird, die sich nicht auf deren Gehaltszettel ablesen lässt. Dies gilt für viele Bereiche im schulischen Leben, nicht nur für den qualifizierten Schwimmunterricht.

   Schön wäre es, wenn entsprechende Schwimmbadkapazitäten zur Verfügung gestellt würden und der Schwimmunterricht nicht erst im 3. Schuljahr, sondern schon in den Eingangsklassen stattfände.

Landesregierung muss sinnvolle Voraussetzungen schaffen! Klick um zu Tweeten

   Es gibt mehr zu tun, als nur juristische Sicherheit anzustreben. Deshalb, liebe Landesregierung, machen Sie Nägel mit Köpfen und sorgen Sie für Schwimmbadstunden und für die erforderlichen personellen Kapazitäten.

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Deutsches Schwimmanzeichen