Hausaufgabe ist unsinnig, bringt keinen Lernerfolg, haben Wissenschaftler der Universität Dresden im August 2016 festgestellt.1
Was Forscher dort festgestellt haben, ist für viele Lehrer und Eltern nicht neu und trotzdem werden auch in diesem Schuljahr wieder jeden Tag Unmengen von Hausaufgaben aufgegeben und eingefordert, kontrolliert und benotet.
Einerseits hängt das damit zusammen, dass zur Schule Hausaufgaben zu gehören scheinen wie die Tafel an der Kopfseite der Klasse, andererseits wird sie aufgegeben, weil immer noch in den Köpfen vieler Menschen herumgeistert: viele Hausaufgaben, viel Lernen, viel Wissen, viel Bildung.
Unter Umständen wird Hausaufgabe allerdings nur aus einem Grund aufgegeben: Es gibt keine Alternative zu den Hausaufgaben!
Doch es gibt Alternativen, die dazu auch noch ausgesprochen sinnvoll sind. Vorher aber einmal die Überlegung, was Hausaufgaben anrichten.
Stellen Sie sich eine heutige normale Klasse in einer Grundschule vor.
- Die Altersstruktur in der Klasse ist gemischt, da die Schuleingangsphase zum Beispiel in ein bis drei Jahren durchlaufen werden kann.
- Hinzu kommen Wiederholer, die zwar inzwischen seltener sind, aber trotzdem das Altargefüge in der Klasse verändern.
- Durch Inklusion oder besser durch die Umsetzung der Inklusion durch die Politik in Schule, kommen immer mehr Schüler mit einem Handicap in die Klassen, die dort ebenfalls entsprechend ihrer Fähigkeiten unterrichtet werden sollen.
Es kann passieren, dass dadurch mehrere Schulbegleiter mit in der Klasse sitzen, um jeweils ein Kind zu unterstützen. - Damit allerdings nicht genug, denn es finden sich auch Kinder bildungsferner Schichten in der Klasse. Nicht viele, aber es gibt sie.
- Auch die Kinder mit Migrationshintergrund und rudimentären Sprachkenntnissen sollen nicht vergessen werden, denn diese finden sich ebenfalls in einer normalen Klasse.
- ADHS als ein weiteres Stickwort für Schüler, die viel Aufmerksamkeit fordern, aber selbst nicht aufmerksam dem Unterricht folgen können.
- Dazu die Kinder, die nicht in der Lage sind eigene Bedürfnisse kurzfristig zugunsten anderer Dinge zurückzustellen.
- Und, ich möchte auch das nicht unerwähnt lassen, unerzogen Schüler befinden sich ebenfalls in jeder Klasse.
Kein Wunder, dass bei diesen Voraussetzungen sich so mancher Lehrer überfordert fühlt, auch wenn nicht immer alle oben aufgeführten Dinge zutreffen. Genau jetzt soll der Lehrer allerdings noch sinnvolle Hausaufgabe aufgeben, die aus dem Unterricht erwachsen ist und Gelerntes festigen oder den Unterricht für Kommendes als Grundlage vorbereiten soll.
So weit die Fakten in der Schule.
Nun kommen die Kinder nach Hause und dort zeigt sich das nächste Problem.
- Kinder aus mittelständischen Familien erhalten die Hilfe, die sie vielleicht benötigen und haben zudem einen eigenen Arbeitsplatz in ihrem Kinderzimmer.
- Bei anderen Schülern ist es so, dass eine Hilfe durch die Eltern nicht möglich ist und von einem eigenen Arbeitsplatz nur geträumt werden kann.
Daran ändert der Besuch des offenen Ganztages nichts.
Auch wenn dort Hausaufgaben gemacht werden, so ist eine qualitativ hochwertige Betreuung durch Fachkräfte in der Regel nicht gegeben. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass die Entlohnung sich häufig nur am Mindestlohn orientiert und nicht wirklich als gut zu bezeichnen ist.
Mehr: Ein leidiges Dauerthema: Sinn und Unsinn von Hausaufgaben!
Die Feststellung, dass Hausaufgabe nichts bringt, reicht demnach nicht aus und es wird an ihr festgehalten, bis sich Alternativen anbieten.
Was ebenfalls Fakt ist, dass bestimmte Lerninhalte geübt werden müssen, damit sie sich einprägen und schnell abgerufen werden können. Hier insbesondere Rechtschreibung und zum Beispiel mein geliebtes Einmaleins. :-)
Was also tun, wenn die Hausaufgaben wirklich wegfallen? Share on XEs gibt ganz viele Möglichkeiten, deren Finden und Umsetzen nur durch Sie als Lehrer begrenzt werden.
Als Schulleiter eine Brennpunktschule habe ich ein Alternativkonzept entwickelt. Die Umsetzung zeigte, dass die Hausaufgabe nicht vermisst wurde. Die Lernzeit, die eingeführt wurde, hatte individuell für jeden Schüler Übungszeit, Förderzeit und auch individuelle Lernzeit nach Interessenlage.
Im November 2008 habe ich einen Bericht unter der Überschrift “Der Offene Ganztag und die Hausaufgaben an einer Brennpunktschule” hier veröffentlicht. Viel Spaß beim Lesen
Einen anderen Lösungsansatz möchte ich hier aufzeigen. Bei dieser Lösung geht es darum, die „Hausaufgabe“ als Übungsaufgabenzeit individuell zu nutzen. Beispiel ist eine altersgemischte Klasse mit Schülern der Jahrgänge 1 bis 4.
Individualisierte Hausaufgabe in der Grundschule ist möglich.
Fazit
Die Hausaufgabe abzuschaffen ist nicht nur sinnvoll, sondern es ist höchste Zeit dafür. Share on XUm die Hausaufgabe abschaffen zu können, muss etwas etabliert werden, was nicht nur die benötigten Übungszeiten abdeckt, sondern ebenso die Förderung des einzelnen Schülers unterstützt – am besten durch den Klassenlehrer – und einen Zeitraum beinhaltet, indem der Schüler allein oder in kleinen Gruppen individuell nach eigenen Interessen arbeiten kann.
Hier als Schule kreativ und aktiv Modelle zu entwickeln, lohnt nicht nur im Sinne der Schüler, sondern im Sinne aller Beteiligten. Lehrer können einzelne Schüler sinnvoll unterstützen, Eltern haben keinen Stress wegen Hausaufgaben zu Hause, individuelles Lernen findet nicht nur morgens, sondern auch am Nachmittag statt und Schüler haben Spaß beim Lernen.
Kommt nun noch eine Kultur des Fehlermachens hinzu und nicht deren Ächtung durch Noten und Selektion, werden die Stärken des einzelnen Schüler unterstützt. Dies führt auf Dauer automatisch zur Erhöhung der Frustrationstoleranz und der Lernbereitschaft.
Bedingung muss natürlich sein, dass zu Hause keine “Hausaufgaben” mehr gemacht werden. Auch ein Schüler benötigt Freiraum, den er gestalten kann, wie er möchte und Phasen, in denen er einfach nur nichts tut.
1 http://www.spiegel.de/schulspiegel/studie-der-universitaet-dresden-hausaufgaben-bringen-nichts-a-532362.html