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Übergewicht? Nicht nur Übergewicht!

Posted in Lernen, Nachdenkliches, Offener Ganztag, Schule, Standpunkt, and wasmirindensinnkommt

Eigentlich wollte ich den Artikel mit der Überschrift „Viele Kinder haben Übergewicht“ im Kölner Stadt-Anzeiger von 17./18. Juni 2009 überblättern, da mir sofort in den Sinn kam: „Richtig! Das sehe ich jeden Tag, wenn ich unter Menschen bin.“

BELLA-Studie – Robert-Koch-Institut
Aus irgendeinem Grund habe ich dann weitergelesen und kam zu einer weiteren Kernaussage, die ich unter dieser Überschrift nicht vermutet hätte. Laut BELLA-Studie des Robert-Koch-Instituts, die sich mit einer Untersuchung des seelischen Wohlbefindens und Verhalten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland beschäftigt, weist diese  Studie bei über 21% dieser Gruppe von Kindern und Jugendlichen psychische Auffälligkeiten wie Angststörungen, depressive Störungen und Schulverhaltensauffälligkeiten aus.

Kölner Untersuchung
Dieses Untersuchungsergebnis kommentiert Dr. Leidel, Leiter des Gesundheitsamtes Köln, mit den Worten: „Nach unseren Erkenntnissen trifft das auch für Köln zu.“

Insgesamt wurden 9000 Kinder durch die Schulärzte in Köln im Zeitraum von 2004 bis 2007 untersucht.
Neben Auffälligkeiten wie Übergewicht, teilweise auch schon krankhaft, trat besonders zutage, dass Auffälligkeiten im Bereich Sprache, Motorik und Wahrnehmung diagnostiziert worden sind.

Schulreife und Verhaltensauffälligkeiten
Diese Auffälligkeiten wurden laut Artikel besonders bei Familien festgestellt, die eine andere Herkunftskultur haben und sozioökonomisch benachteiligt sind.
Am Ende des Artikels wurden dann die sozialräumlich besonders belasteten Kölner Stadtgebiete ausgewiesen.
Die Rede ist also von Einwandererfamilien, die aufgrund ihres Migrationshintergrundes auch besondere Hilfe bei der Integration benötigen. Besonders ausgewiesen wurde hier die Gruppe der türkischstämmigen Migranten, die insbesondere über nicht ausreichende Sprachkenntnisse verfügen.

Erziehungsunterstützung
Leidel bemerkt, das die Eltern hier besondere Unterstützung und Hilfen bei der Erziehungsarbeit benötigen.

Aber wie ?
Die Frage ist allerdings, wie soll diese Hilfe aussehen, damit sie angenommen und auch eine angemessene Wertschätzung durch die Eltern erfährt?

Anstrengungen der Stadt Köln
In Köln werden, insbesondere auch durch die Anstrengungen der Stadt Köln, schon einige Angebote gemacht.
Ich denke hier hier an die Offene Ganztagsschule.
Viele Eltern, deren Einkommen gering ist, müssen für die Betreuung ihrer Kinder nichts bezahlen.
Der Beitrag für das Mittagessen ist ebenfalls noch einmal drastisch reduziert, dass man davon ausgehen kann: Kein Elternteil kann für diesen Geldbetrag seinem Kind täglich eine gesunde und abwechslungsreiche Mahlzeit anbieten.

Wertschätzung
Trotz dieser vielen Angebote, auch Förderangebote, die in vielen Offenen Ganztagsschulen angeboten werden, gibt es immer wieder Abmeldungen, weil die Kinder lieber zu Hause vor dem Fernseher, dem Computer oder einer Spielekonsole ihre Zeit verbringen.
Der aktive Gebrauch der deutschen Sprache ist so nicht möglich und damit eine große Chance vertan, die Sprachkenntnisse zu verbessern.

Resignation
Ich habe häufig den Eindruck, als sei bei den Kindern der 3. Migrantengeneration eine grundsätzliche Resignation in Bezug auf ihre Zukunftsaussichten latent zu spüren.
Verbunden mit einer Erziehungshilfslosigkeit, die bestimmt ist durch sofortige Befriedigung der Bedürfnisse der Kinder, deren fehlender Anstrengungsbereitschaft und unter Vermeidung von kindgerechten Grenzsetzungen, fehlt den Eltern jegliche Konfliktbereitschaft mit den eigenen Kinder  und damit geben sie die Möglichkeit der Erziehung auf.
Es fehlt an Identifikationsmöglichkeiten und Werten, die Kindern bei ihrem schweren Weg ins Erwachsenenleben bei der Orientierung helfen.

Hinzu kommt häufig, das ist dem Artikel aus zu entnehmen, dass entsprechende Ressourcen nicht zur Verfügung gestellt werden: „„Ein zusätzliches Problem ist, dass es in Köln zwar insgesamt genug Ärzte gibt, aber gerade diese Stadtteile unterversorgt sind.““

Sozialräumlich belastete Stadtteile benötigen die Hilfen mehr als Stadtteile, die mit diesen Problemen nicht konfrontiert sind!

Persönliche Anmerkung
Zum Schluss erlauben Sie mir noch eine persönlich Anmerkung. In Köln gibt es das geflügelte Wort: Wat nix kost, is nix! (Was nichts kostet, ist auch nichts!).
Es hat also keinen Wert, weil auch hier die persönliche Anstrengung, etwas zu bekommen nicht nötig war.

Diese Anstrengung muss nicht bedeuten, dass man immer für alles bezahlen muss. Manchmal ist es auch eine symbolische Leistung, die erbracht werden muss.
Vielleicht hilft ein solcher symbolischer Beitrag bei der Integration und vermittelt den Wert mancher Angebote.

Links

Kölner Stadt-Anzeiger – Viele Kinder haben Übergewicht
von Kirsten Boldt
http://www.ksta.de/html/artikel/1245228225757.shtml

BELLA –
eine Studie zum seelischen Wohlbefinden und Verhalten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, Robert-Koch-Institut
http://www.bella-studie.de/studie/index.html

Dr. med. Jan Leidel, Leitender Medizinaldirektor des Gesundheitsamtes Köln
http://www.dgk.de/fileadmin/user_upload/Gesundheit-pdf/Portraet_Leidel.pdf

Die Studie kann bestellt werden beim
Gesundheitsamt
Köln
Abt. 535
Neumarkt 15-21
50667 Köln
Telefon (0221) 221-24757

GanzTag in NRW
http://www.callnrw.de/php/lettershop/download/855/Druckfertige%20Version.pdf

Lese und Sprachförderung im Offenen Ganztag
http://blog.medienecken.de/ogt-lese-und-sprachfoerderung/

Spiegel-Online – MIGRANTENSTUDIE
Arm, arbeitslos und ohne Bildung
Von Torben Waleczek und Franziska Gerhardt
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,629715,00.html