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Wieder einmal hat eine Studie gezeigt, dass die Leistungen von Grundschülern weiter nachlassen. Was vor einiger Zeit noch sicher beherrscht wurde, ist häufig nicht mehr lösbar. Ein Trend, den ich über Jahre ebenfalls beobachtet habe.
Dieses Leistungsnachlassen hat natürlich einen Grund. Oder, besser drei Gründe, die mehr oder minder intensiv zusammentreffen:
1. Fehlende Frustrationstoleranz und Anstrengungsbereitschaft bei Schülern?
Es war ein schleichender Prozess, der am Anfang nicht aufgefallen ist, in der Folge der Zeit aber immer sichtbarer wurde. Die Verweigerung, sich Anforderungen zu stellen und die Angst vor Frustration durch nicht erfüllen von Anforderungen bei den Schülern.
Allein die Übungsdiktate zur Rechtschreibung verringerten sich im Laufe der Zeit nicht nur in der Zahl der diktierten Wörter, sondern gleichzeitig auch in deren Schwierigkeit. An ungeübte Diktate, wie ich sie im 4. Schuljahr vor langer Zeit regelmäßig diktiert habe, war gar nicht mehr zu denken.
Tränen, wenn mehr Fehler vorhanden waren, als der Schüler erwartet hat. Gleichzeitig aber auch die mangelnde Bereitschaft, entsprechende Übungen durchzuführen. Dies meist mit Unterstützung der Eltern: Mein Kind hat so viel zu tun, das schafft das nicht. Wenn mein Kind um 16 Uhr aus der Schule kommt, ist es nicht mehr dazu in der Lage. Sie haben einen zu schweren Text diktiert. Sie haben den Text im Unterricht nicht ausreichend geübt.
Recht schnell kommt die Variante, den Grund des Versagens bei allen anderen zu suchen, nur nicht bei denen, die dafür verantwortlich sind. Dies liegt sicherlich zum Teil auch an den Eltern, die ihre Kinder von allen Anforderungen abschirmen, statt sie zu unterstützen.
2. Fehlendes Fördern durch Fordern seitens der Lehrer?
Lehrer sind im Laufe der Zeit dazu übergegangen, die Leistungsanforderungen zu senken. Einerseits aus Gründen von Rücksichtnahme auf zum Beispiel häusliche Schwierigkeiten.
Das Motto: Das kann ich nicht einfordern, er hat es im Moment schwer genug zu Hause. Dabei allerdings vergessend, dass eine Forderung gleichzeitig Förderung ist und einen Schüler auch stabilisieren kann, weil ihm wenigstens ein Bereich seines Lebens konstant und im besten Fall mir unterstützendem Wohlwollen zur Seite steht.
Andererseits wurde zwar beständig die Forderungen an die Lehrer erhöht, aber gleichzeitig die Leistungsstandards in den Richtlinien und Lehrplänen gesenkt. Die Heterogenität in den Klassen wurde gefördert und die Leistungen der Schüler waren entweder im oberen Bereich oder im unteren Bereich. Das Mittelfeld größtmöglich nicht vorhanden. Mit anderen Worten, für leistungsstärkere Schüler war der Stoff zu leicht, für das Mittel- und Unterfeld der Schüler von anspruchsvoll bis zu schwer. Es gab so leistungsstarke Klassen, dass die Mehrzahl der Schüler mindestens fünf Einsen auf dem Zeugnis hatte, diese Leistungsfähigkeit sich bei Vera-Tests aber nicht zu erkennen war.
Fehlende individuelle Förderung und eine inflationäre Vergabe von guten Noten trägt nicht unbedingt zur Leistungsbereitschaft bei.
3. Fehlende Leistungsforderungen in den Richtlinien und Lehrplänen?
Gerade die Anforderungen von Integration bzw. besser von Inklusion in der Schule mag Politiker vor das Problem gestellt haben, die Anforderungen an die Schüler neu überdenken zu müssen. Leider hat sich die Senkung der Leistungsanforderungen nicht als zielführend herausgestellt.
Wichtiger als die Senkung der Leistungsanforderung ist meines Erachtens die Überlegung der Leistungsbewertung. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Inklusion ist die Note die schlechteste aller Bewerungsinsturmente. Die Änderung der Bewertung kann schon eine Änderung der Methodik und Didaktik nach sich ziehen, das sich die Vermittlung von Unterrichtsinhalten ändert.
Statt die Leistungsanforderungen zu senken, müsste eine Grundlage geschaffen werden, die den Schülern hilft, die gesetzten Standards zu erreichen.
Dazu gehört eine schulische Ausstattung, die individuelles Lernen unterstützt. Das ist einerseits der Raum/die Räume, die zur Verfügung stehen, andererseits das Material, das die Schule dafür anschaffen kann und nicht zuletzt auch die Ausstattung mit Lehrerstunden.
Dazu ist es sicherlich mehr als überlegenswert, eine Doppelbesetzung in den Klassen der Grundschule nicht nur anzudenken, sondern zumindest auszuprobieren. Dazu ist Teamteaching erforderlich, dass sich nicht in einem Heizungslehrer erschöpft. (Heizungslehrer ist ein Lehrer, der an der Heizung steht, während der Kollege unterrichtet. Es kann auch sein, dass er kopieren geht.) Das hat nichts mit Teamteaching zu tun, sondern ist schlicht falsch investiert. Hier müssen qualitativ hochwertige Fortbildungen den Standard vorgeben, der erreicht werden muss.
Ebenfalls falsch investiert ist es meines Erachtens, wenn immer mehr Lehrer an Schulen unterrichten, die keine entsprechende Ausbildung haben. Es gibt zwar unter diesen auch die Glücksfälle, die eine natürliche Begabung im Umgang mit Schülern haben und Beziehungen aufbauen, die ein studierter Lehrer nicht schafft, weil er andere Schwächen hat. Allerdings sind diese die Ausnahme und ein gewisses Handwerkszeug ist Grundlage des Unterrichtens.
Das ist schlicht nicht so und wer auch hier den Standard senkt, hat gar kein Interesse daran Schüler beim Lernen bestmöglich zu unterstützen.
Der Weg, auf dem die Schwachen sich stärken, ist der gleiche, wie der, auf dem die Starken sich vervollkommnen.
– Dr. Maria Montessori
Dieses Zitat möchte ich ergänzen: