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Regierungswechsel in NRW = Änderungen in der Schulpolitik!

Posted in Nachdenkliches, Sachtext, Schule, and Schulentwicklung

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Dass sich etwas ändern würde, war abzusehen. Wie immer nach einem Regierungswechsel werden die Schwerpunkte anders gesetzt. So auch in NRW, wo nun eine neue Schulministerin, Frau Yvonne Gebauer, das Sagen hat. 

Inklusion wurde in weiten Teilen zurückgenommen oder ausgesetzt. Die Förderschulen bleiben nun zum großen Teil erhalten und die von Frau Löhrmann begonnen Schritte zur Umsetzung der Inklusion in der Schule wurden eingefroren. Das bedauere ich sehr, denn obwohl die Umsetzung durch Frau Löhrmann zu schnell war und mit zu wenig Rückhalt für die Lehrer umgesetzt, ist sie doch richtig. Ich hatte gehofft, dass die neue Landesregierung die Prioritäten anders setzen würde.  

Grundsätzlich stellt sich mir die Frage, ob ein Regierungswechsel für Schulpolitik und Schulentwicklung immer gut ist. Da jede neue Regierung den eigenen Stempel aufdrücken möchte, kann von Kontinuität nicht die Rede sein. Fünf, aber auch zehn Jahre Schulentwicklung sind eine kurze Zeit. In dieser Zeit kann man maximal Ansätze einer initiierten Entwicklung sehen. 
Aber das ist ein anderes Thema.

Lesen durch Schreiben

Die Methode Lesen durch Schreiben, die augenblicklich in der Kritik steht und eigentlich seit längerer Zeit auf die Tauglichkeit hinterfragt wird, soll nun in NRW abgeschafft werden. Diese Art des Lesenlernens fußt auf dem Gedanken, dass vor dem Lesen das Schreiben gelernt wird. So lernen die Kinder nicht mehr Buchstabe für Buchstabe kennen, sondern schreiben nach dem, was sie hören. Die Hilfe der Eltern oder Korrekturen durch sie sind bei dieser Methode nicht erwünscht.

Gefördert werden soll durch Lesen durch Schreiben die Freude und Kreativität an der Sprache. So können sich Kinder im ersten Schuljahr relativ schnell schriftsprachlich verständlich machen. Liest man das Aufgeschriebene laut, so erschließt sich auch Erwachsenen schnell der Sinn des Geschriebenen. 

Hilfe erhalten die Kinder durch die Anlauttabelle, die zu jedem Buchstaben ein Bild zeigt. Neben dem Buchstaben A ist zum Beispiel ein Affe und eine Ameise als Bild zu sehen. Diese Kombination gibt es zu jedem Buchstaben passend für alle Buchstaben unseres Alphabets.
Das Wort „Haus“ entsteht beispielsweise, indem die Schüler das H von Hase, das Au von Auto und das S von Sonne abmalen. Die Beziehung von Laut/Wort und Bild/er erschließt/en sich durch die dann gebildete Klangkette. Lesenlernen ist so ein Nebenprodukt dieser Methode, wie der Entwickler Jürgen Reichen sagt.

Anlauttabelle nach Reichen als und neu
Anlauttabelle nach Reichen alt und neu

 

Die Rechtschreibwerkstatt

Die Rechtschreibwerkstatt ist eine Variante dieser Methode und wurde von Norbert Sommer-Stumpenhorst entwickelt.

Ob diese Methode verwendet wird, wird nicht durch die Richtlinien und Lehrpläne in NRW vorgeben, sondern liegt im Entscheidungsbereich des Lehrers/der Schule. Im letzteren Fall durch einen Beschluss der Schulkonferenz.

Studien zeichnen kein positives Bild

Studien, die durchgeführt wurden, um die Wirkung verschiedener Methoden zum Schriftspracherwerb bei Grundschülern zu überprüfen, dokumentierten, dass die Gruppe der Schüler, die auf Grundlage der Methode Lesen durch Schreiben unterrichtet worden waren, mehr Lese- und Schreibprobleme hatten als Schüler, die mit Fibelunterricht die Schriftsprache erlernt hatten.  

Auch Experten kritisieren diese Methode und bemängeln, dass wissenschaftliche Erkenntnisse zum Schriftspracherwerb bei Kindern außer Acht gelassen werden. Grundschülern falle es deshalb schwer, sich auf die einzelnen Laute eines Wortes zu konzentrieren, weil sie Wörter meist mit Gegenständen gleichsetzen.

Geschriebene Sprache ist außerdem kein Abbild gesprochener Sprache. So beides gleich zu setzen, ist falsch.

Meine Meinung

Ich will diese Methode Lesen durch Schreiben aber nicht komplett verreißen, denn es gibt doch einige pädagogische Umsetzungsmöglichkeiten, die die Anfangsfreude, die Motivation der Kinder, beim Schreiben aufrecht erhält und trotzdem zu einem guten Schriftspracherwerb führen kann. 

Hier ist sicherlich der Lehrer gefragt, der diese Methode nicht allzu lange wie empfohlen durchführt, sondern spätestens gegen Ende des 1. Schuljahres mit der Korrektur des Geschriebenen beginnt.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Kinder am Anfang stolz sind, dass sie sich schnell schriftlich verständigen konnten, aber ebenso sehr daran interessiert sind, dass Geschriebenes richtig ist.

Das sollte sicherlich nicht dadurch geschehen, dass man die Schülertexte mit Rot durchkorrigiert. Eine schnelle Demotivation wäre die  Folge. Ein guter Lehrer wird wissen, wie er hier die Motivation aufrecht erhält und die Rechtschreibung korrigiert. 

Außerdem gibt es in der heutigen Zeit genügend Hilfsmittel, die es selbst einem Legastheniker wie mir ermöglichen, doch überwiegend fehlerfreie Texte abzuliefern.

 

LINK

 

Lesen durch Schreiben: Methode zum selbstgesteuertenSchriftspracherwerb in der Primarschule nach Jürgen Reichen (von Maria Karlas, Susann Karpe, Constance Siepel)

http://herder.philol.uni-leipzig.de/projekte/alpha/frames/main5.3.htm 
Von diesem Beitrag aus hier habe ich die Anlauttabelle verlinkt.

Kritik an den Methoden

http://www.grundschulservice.de/Elternbrief%20Nr.%2016.htm

Lernmethode „Lesen durch Schreiben“
„Das ist völliger Unsinn“

http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/guenter-jansen-ueber-die-schlechte-rechtschreibung-viele-kinder-a-906458.html

Petition
Schreiben nach Gehör abschaffen – Schreibkompetenz frühzeitig fördern!

https://weact.campact.de/petitions/schreiben-durch-lesen-lernen-abschaffen-schreibkompetenz-fruhzeitig-fordern-1