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PISA. PISA. PISA.

Posted in Bildung, Inklusion, Lernen, Nachdenkliches, Standpunkt, and Wertschätzung

Es gibt Dinge, da frage ich mich immer: Warum macht man das?

Das habe ich mich auch gefragt, als das Ergebnis des aktuellen PISA-Tests für Erwachsene erschienen ist und kurze Zeit später die Schlagzeilen sämtlicher Zeitungen, Magazine und Zeitschriften dominierte.Ähnlich wie er in der Grundschule, wo im  3. Schuljahrs der PISA-Test üblich ist, gibt es nun auch eine Variante für Erwachsene üblich ist.

Jeder 6. Erwachsene liest auf dem Level eines zehnjährigen Schulkindes und hat Schwierigkeiten, Gelesenes zu verstehen oder anders gesagt, dem Text den Sinn zu entnehmen. Je länger der Text, umso schwieriger wird es und umso größer das Versagen.

Mittelmäßigkeit wurde uns bescheinigt und es gibt einige Nationen, die in diesen Bereichen besser abgeschnitten haben als wir.

Schon werden verstärkt Rufe nach einer Bildungsreform laut. Voraussichtlich wird das aber die einzige Reaktion bleiben, und sobald ein neues Thema die Gazetten erreicht, abermals in Vergessenheit geraten.

So ganz eingängig ist mir auch nicht, was diese Testerei soll. Ist das Ziel eine Gleichmacherei? Ein normierter Mensch, der zwar wirtschaftlich gut nutzbar ist, aber dessen Einzigartigkeit, dessen schöpferische Kraft, die sich gerade in der Heterogenität zeigt, dabei auf der Strecke bleibt?

Das Bildungssystem muss reformiert werden, da stimme ich sofort und uneingeschränkt zu. Aber heißt Reform in diesem Fall, dass man durch Normierung noch sicher eine Auslese treffen kann? Das Bildungssystem immer undurchlässiger wird, frei nach dem Motto: Waren die Eltern Hauptschüler, haben es auch die Kinder zu sein?

Sicherlich wird diese Mittelmäßigkeit, die uns dort bescheinigt wird, auch auf sogenannte bildungsferne Schichten und Menschen mit Migrationshintergrund zurückzuführen sein. Hier muss sich das Bildungssystem ändern. Einerseits muss den Menschen bewusst sein, dass Bildung keine Bringschuld ist, dass man für die Bildung etwas tun muss. Andererseits muss das System geändert werden und das wird die schwierigere Aufgabe sein.

In NRW wurden die Richtlinien und Lehrpläne geändert. Hier wurde auf die Fahnen der Bildung die individuelle Förderung ganz GROSS geschrieben. Verpflichtend und bindend sind diese Vorgaben für die Lehrer an unseren Schule. Was nützen aber neue Richtlinien und Lehrpläne, wenn man den ausführenden Lehrern nicht die entsprechenden Werkzeuge an die Hand gibt und ihnen zeigt, wie man individuell fördern kann. Was nützt es, wenn im dritten Schuljahr ein PISA-Test durchgeführt wird, der genau diese Individualität nicht zulässt und dazu beiträgt, dass genau die veralteten Strukturen festgemauert werden. Der Ausgleich dieser „Leistungsdefizite“, wie sie der Test zutage gefördert hat, von den Eltern eingefordert wird. Schon ist man wiederum bei dem Bild, das jeder von uns aus seiner eigenen Schulzeit von Schule mit sich herumträgt. Auch die Lehrer, die dieses System in der Regel nie verlassen haben.

Individuelle Förderung heißt nicht, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt präzises Wissen oder eine konkrete Leistung punktgenau abrufbar sein muss. Individuelle Förderung heißt auch individuelles Lernen.

Ein anderes Beispiel. Vor Kurzem ging eine Nachricht durch die Presse, dass man gegenüber Schulschwänzern mehr Härte zeigen müsse, damit sie den Unterricht regelmäßig besuchen würden.

Ob das der richtige Weg ist, wage ich zu bezweifeln. Wenn der Blick auf den Defiziten eines Schülers liegt, so frage ich mich, wie der Schüler Lust aufs Lernen und damit auf Schule haben soll. Er wird frustriert und versuchen, sich diesem Frust zu entziehen. Schulschwänzen ist die Folge. Ein verständliches Verhalten, finde ich.

Wenn also nicht alle Menschen ins Boot geholt werden, ihre Stärken gesehen und gefördert werden, wird das nächste Ergebnis auch nicht besser ausfallen. Es wird nur einen neuerlich kurzen Aufschrei auslösen, der kurz darauf in Vergessenheit gerät.

Damit sich etwas ändern kann, muss ein Umdenken bei jedermann stattfinden.

  • Bei den Lehrern, welche die Stärken des Schülers in den Vordergrund stellen sollten. Weg von reproduktivem Lernen und Selektion.
  • Bei Eltern, welche die eigene Schulzeit vergessen und sich beobachten sollten, wann sie die größten Lernerfolge haben. Sicherlich nicht, wenn sie etwas lernen müssen, sondern wenn sie etwas lernen wollen.
  • Bei den Politikern, wo nicht nach jeder Wahl Schule wie die Sau durchs Dorf getrieben werden sollte und Reformen und Reförmchen eine kontinuierliche Entwicklung verhindern, und die Im Bildungsbereich Sparpotenziale finden, die nicht vorhanden sind und so der Wichtigkeit von Bildung die Grundlage entziehen.
  • Bei den Lernenden, die auch lernen müssen, dass lernen immer auch etwas mit Anstrenungs- und Leistungsbereitschaft zu tun hat und auch mit Frustrationen, von denen man sich nicht entmutigen lassen darf.

Wenn nun eine respektvolle und wertschätzende Beziehung aufgebaut wird, wird Lernen Freude machen und die PISA-Ergebnisse werden mit Sicherheit besser und damit überflüssig.