Durch die Presse rauf und runter – in Anlehnung an das Martinslied: Durch die Gassen auf und nieder – findet man die Schlagzeile:
Mehr Bildung = weniger Kriminalität.
Zurück gehen diese Berichte auf eine Studie der Bertelsmann-Stiftung.
Selbst Zahlen werden gehandelt: über vierhundert Tote weniger, wenn die Hälfte der Schüler an Hauptschulen den Hauptschulabschluss schaffen. Auch die Millionenbeträge, die durch bessere Bildung eingespart werden könnten, weil Gefängnisse, andere Straf- und Resozialisierungsmaßnahmen entfallen, werden genannt und werden mit bis zu dreistelligen Millionenbeträgen ausgewiesen.
Im Umkehrschluss würde das bedeuten: je höher die Bildung desto weniger kriminell!
Dagegen spricht allerdings schon die allgemeine Lebenserfahrung – ein Satz, den ich beim Finanzamt geliehen habe -, denn auch „gebildete“ Menschen begehen Straftaten. Auch solche, bei denen andere Menschen körperlich versehrt weiterleben müssen, bis hin zu Mord und Totschlag.
Weiter gedacht, könnte das ebenfalls bedeuten, dass die viel gerügten Hartz IV-Empfänger besonders viel kriminelle Energie haben müssten, denn sie sind ach Meinung vieler Menschen diejenigen, die am wenigsten gebildet sind.
Auch das widerspricht dem gesunden Menschenverstand und der allgemeinen Lebenserfahrung.
Verfolgt man die Pressemeldungen, so findet man dort durchaus gebildete Menschen, die eine Straftat begangen haben. Hier wird die gesamte Bandbreite an Straftaten abgedeckt. Was allerdings hinzu kommt ist, dass diese Leute häufig begütert sind und sich Anwälte leisten können, die durchaus aus einer Straftat eine harmlose Sache, ein Kavaliersdelikt oder ähnliches im Meinungsbild machen können. Ich denke da zum Beispiel an die oberen Manager eines großen deutschen Telekommunikationsunternehmens. Weitere Beispiele, auch gröberer Art, ließen sich sicherlich mühelos finden.
Sicherlich spielt Bildung eine Rolle, wenn es um die Ausübung von Verbrechen geht. Ich erinnere mich an einen Kriminalfall, der unter dem Titel „Die Gentlemen bitten zur Kasse“ verfilmt worden ist und Planung, Ausführung und Tat von hoher Intelligenz und Bildung zeugten.
Viel bedeutsamer als Bildung ist meines Erachtens die Aussichtslosigkeit, in der sich jemand befindet, denn diese verleitet ihn zur Straftat verleitet. Nicht, dass das entschuldbar ist, aber mindestens eine so gute Erklärung wie Bildung.
Kann jemand sein Einkommen nicht aus eigener Kraft bestreiten, hat dieser keine Lebensperspektive und nur so etwas Profanes wie Hunger, so ist eine Straftat sicherlich in den Bereich des Möglichen gerückt.
Was also meines Erachtens neben einem Minimum an Bildung zur Vermeidung von Kriminalität wichtig ist, ist eine Perspektive, die zeigt, dass man sein Leben selbstbestimmt durch Arbeit und in Würde leben kann. Fehlt dies, so ist der Kriminalität auch bei gebildeten Menschen Tür und Tor geöffnet.
Ich möchte damit aufzeigen, dass nicht nur eine gute Grundbildung Kriminalität verhindern kann, sondern neben dieser Grundbildung eine Lebensperspektive vorhanden sein muss.
Auch wenn im Moment Bildung und alles was damit zusammenhängt en Vogue ist, so ist das Leben doch vielschichtiger und nicht so einseitig, wie es im Moment auf den Bildungsbegriff reduziert, dargestellt wird.