Direkt zum Inhalt

JüL – Jahrgangübergreifendes Lernen

Posted in Übers Lernen, Featured, Nachdenkliches, Politik, Schule, Standpunkt, and wasmirindensinnkommt

Es ist wie immer! Dem Druck durch Eltern und Lehrer wird politisch nachgegeben, obwohl eigentlich Jül oder Flex oder wie die Modelle genannt werden, nur kurze Zeit der Umsetzung zur Verfügung gestellt worden ist.

So nun auch wieder in Berlin durch den augenblicklichen Bildungssenator Zöllner.

Auch in NRW wurde aufgrund von Protesten seitens Eltern und Lehrer die jahrgangsübergreifende Flex nicht als Regel, sondern nach kurzer Zeit nur noch als eine Möglichkeit der Klassenbildung zugelassen.

Dass Schulentwicklung Zeit benötigt und nicht in ein paar Jährchen abgeschlossen ist, sondern schon ein Jahrzehnt zur Erprobung zur Verfügung gestellt werden sollte, ist allen Beteiligten bewusst.

Trotzdem wird diese Zeit nicht eingeräumt, obwohl man an vielen reformpädagogischen Beispielen sehen kann, dass Schule mit altersgemischten Gruppen ausgezeichnet funktioniert und die Leistungen der Schüler solcher Schulen mindestens den Leistungen von Schülern einer Regelschule entsprechen – meist sie sogar noch übertreffen.

Auch in den wunderbaren Hochglanzpublikationen der Ministerien sieht man in der Regel Fotos aus reformpädagogischen Schulen. Das mag mit der Einrichtung der Klassen zusammenhängen, die eine Vielfältigkeit an Arbeitsmaterial zeigt, aufgrund derer individuelles Lernen und Arbeiten in den Vordergrund gerückt wird – den Schwerpunkt der pädagogischen Ausrichtung wird mit der Einrichtung der Klasse vermittelt.

Warum Jahrgangsklassen das Nonplusultra sind, konnte mir bisher noch nicht erklärt werden, denn macht man sich bewusst, dass durch unterschiedliche Einschulungsalter schon eine Altersmischung in den Klassen stattfindet und durch Wiederholer diese Altersmischung noch ergänzt und der Wiederholer gleichzeitig als Wiederholer stigmatisiert wird, ist die Argumentation im Grunde schon hinfällig.

Führt man sich vor Augen, dass die Einteilung in Jahrgangsklassen eine Maßnahme zur Verwaltungsvereinfachung war, als das Schulsystem in Deutschland von Bismarck eingeführt worden ist, fragt man sich schon, warum sich diese Einteilung auch bei geänderten Anforderungen so hartnäckig halten kann.

Führt man sich nun weiter vor Augen, dass diese Jahrgangsklassen nur in der Grundschule und in den Sek-I-Schulen favorisiert werden, stellt sich auch hier die Frage; warum muss das sein?

Im Kindergarten, in der Oberstufe, im Beruf und im Leben ist es nun mal so, dass immer eine Altersmischung vorhanden ist. In der Wirtschaft wird sogar besonderen Wert darauf gelegt, dass auch ältere Menschen in der Firma arbeiten, damit sie ihre Erfahrungen an jüngere Mitarbeiter weitegeben können.

Altersmischung ist überall anzutreffen und wird als „natürlich“ empfunden. Nur in der Schule nicht.

Eine Erklärung, warum das so ist, ist die, dass alle an Schule beteiligten Personen eigene Schulerfahrungen auf die Schule, wie sie auch heute sein soll, übertragen.

Hinzu kommt die Sorge um die Zukunft der eigenen Kinder, die nachvollziehbar ist, allerdings jedewede Entwicklung erschwert oder gar ganz verhindert:

Schulentwicklung befürworte ich, aber probiert sie bitte nicht an meinem Kind aus.

Altersgemischte Klassen haben viele Vorteile, die ich auf diesen Webseiten schon des Öfteren ausführlich dargestellt habe und aus diesem Grund auf eine erneute Darstellung hier verzichten möchte.

Individuelles Lernen, so wie es nun gefordert und in den Richtlinien und Lehrplänen der Bundesländer festgeschrieben ist, spricht im Grunde ebenfalls für altersgemischtes Lernen. Es gibt keinen Grund, warum in der Schule nicht möglich sein soll, worauf die Wirtschaft großen Wert legt: auf Nutzung der Ideen der Jüngeren und Rückgriff auf die Erfahrungen Älteren.