Vielleicht sollte ich auch sagen, ich mochte ihn, denn im Moment gehen mir die Tatorte ganz schon gegen Strich. Nehmen wir den Tatort von gestern: „Auf ewig Dein“ aus Dortmund.
Dass der Kommissar durchgeknallt ist und sein Trauma verarbeiten muss, ist eine Sache. Normalerweise wäre ein solcher Mensch eher nicht im Dienst, würde ich aber hier als schöpferische Personencharakterisierung durchgehen lassen.
Die Kommissarin wurde nebenher noch von einem Callboy erpresst, dessen Dienste sie nutzte. Natürlich musste hier der Kommissar seiner Kollegin helfen und hat die Angelegenheit schnell, aber nicht auf der Grundlage geltender Gesetze, geregelt.
Das Ermittlerpärchen erwartete ein Kind. Die Auseinandersetzung darum: Werden wir das Kind behalten, ja oder nein, füllte ebenfalls einige Minuten der Handlung. Mit der Handlung des Krimis hatte das nichts zu tun.
Ich erinnere mich an die letzten Folgen von Wallander. Die Folgen, in denen er an Alzheimer erkrankte. Sensibel gezeichnet und gut gespielt war der Hintergrund doch das Ende der Serie.
Wahrscheinlich sind das Elemente, die die Ermittler menschlich erscheinen lassen sollen. Haben aber mit dem Fall nichts zu tun. So oder so kann man im Moment den Eindruck haben: Je kaputter die Typen, desto Tatort.
Schon zu Anfang kam es zu einem schönen Beispiel von Produktplacement. Ein Auto fuhr ins Bild und das Emblem des im Ruhrpott ansässigen Herstellers erschien groß im Bild – mehrmals.
Die Handlung, die, um sie richtig zu verstehen, die Kenntnis der drei vorangegangenen Folgen voraussetze, beschäftigte sich mit dem Thema Pädophilie. Vergewaltigung, Ermordung von drei minderjährigen Mädchen. Dazu natürlich das böse Internet, dem nicht zu trauen ist.
Abgesehen davon, dass ich solche gesellschaftlichen Problematisierungen gar nicht in einem Krimi, der im Grunde unterhalten soll, sehen will, löst dieses Thema bei vielen Menschen Ängste aus. Diese Ängste spiegeln sich in der Erziehung. Kinder werden überbehütet und Helikoptereltern sind die Folge.
Ich erinnere mich daran, dass ich, als unsere Töchter in die Grundschule gingen, an einer Veranstaltung von Zartbitter teilgenommen habe. Darin ging es auch um sexuellen Missbrauch und darum, wie man Kinder davor schützen kann. Lange Zeit beobachtete ich genau, wer wie mit unseren Töchtern kommunizierte. Selbst den Opa beobachtete ich grundlos, nur weil er eine Enkelin auf dem Schoß hatte. Man könnte auch sagen: Ich war der Big Brother meiner Kinder. Gott sei Dank werde ich in solchen Fällen in der Regel recht schnell von meiner Frau auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Die Problematisierungen, wie man sie inzwischen zuhauf in den Tatorten beobachten kann, sind der moralische Zeigefinger der Krimimacher oder der TV-Auftraggeber. Dabei wird leider vergessen, dass ein Krimi unterhalten soll und nicht unbedingt das Medium ist, das gesellschaftliche Probleme aufarbeiten soll.
Leider bin ich noch zu jung für die einschlägigen Musiksendungen, mit denen ARD und ZDF häufig die älteren Menschen beglücken und ihnen für ein paar Stunden Friede, Freude, Eierkuchen vorspielen und einfach nur unterhalten. Auch ich möchte ab und an nur unterhalten werden. Ein gut gemachter Tatort wäre schön!
Anmerkung
Zartbitter ist eine wichtige Institution, die sich um die Gesundheit vieler Kinder verdient gemacht hat. Auch heute ist Zartbitter in der Prävention tätig und sensibilisiert ohne Ängste auszulösen