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Gleitzeit am Gymnasium oder Kaschierung von fehlenden Unterrichtsstunden?

Posted in Bildung, Schule, Schulentwicklung, and Standpunkt

Die innere Uhr bestimmt unseren Rhythmus. Dieser Rhythmus änder sich ab dem 14. Lebensjahr und verschiebt sich mehr in den Abend hinein. Wer länger aufbleibt, sollte auch später aufstehen, sonst kommt er unter Umständen in ein Schlafdefizit. Wie so ein Schlafmangel auf Dauer einen Menschen krank machen kann, ist schnell recherchiert.

Ein Gymnasium in der Nähe von Aachen will dem entgegenwirken und bieten seinen Oberstufenschülern Gleitzeit an. Wer mag, kann die erste Stunde ausfallen lassen und kommt zur zweiten Stunde in die Schule.

Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, fällt bei Gleitzeit nichts aus, sondern das zu leistende Pensum ist flexibel in eine Gleitzeit gepackt, die wiederum fordert, dass zur definierten Kernzeit alle im Betrieb sind.

Wie ist das nun an der Schule, wenn die erste Stunde ausfallen kann?

Der Lehrer steht vor einer Klasse / einem Kurs, dessen Teilnehmerzahl täglich variieren kann. Unterricht kann vorbereitet werden, allerdings auf einem Level, der tägliche Wiederholungen einschließt. Je nachdem, ob die Schüler am Vortag da waren.
Menschlich ist in diesem Fall vermutlich eher eine Ausrichtung am minimal Notwendigem und nicht so, dass er Schüler differenziert fordert. Da die Zahl der Lehrerstunden sich nicht ändert, ist diese Stunde durch die Anwesenheit des Lehrers gegeben.

Was bedeutet das für Schüler.
Einmal, dass sie eventuell ausgeschlafener zur zweiten Stunde erscheinen und mit vollem Elan und voller Aufmerksamkeit am Unterricht teilnehmen.
Andererseits bedeutet das auch, dass fünf Unterrichtsstunden die Woche ggf. für einen Schüler ausfallen. Da wir vierzig Schulwochen im Durchschnitt haben, sind das im Extremfall zweihundert Unterrichtsstunden im Schuljahr. Wird die gleiche Anzahl an Stunden ohne »Gleitzeit« versäumt, so muss der Schüler wahrscheinlich mit Konsequenzen rechnen, mindestes aber mit der Ausweisung der Fehlstunden auf dem Zeugnis.

Geht man in der Oberstufe von dreißig Unterrichtsstunden die Woche aus, so sind das in Summe fast sieben Schulwochen, die so an Unterricht vermieden werden.

Das vor dem Hintergrund von G12 lässt mich vermuten, dass es hier nicht um Gleitzeit geht, sondern womöglich um Unterrichtsausfallkaschierung.

Gleitzeit, die ich grundsätzlich begrüße, muss meines Erachtens eine Zeit sein, die durch zusätzliche Lehrerstunden gedeckt ist. Wer später gleitet, ist auch später mit seinem Unterricht fertig. Möglichkeiten, wie man die erste Stunde gestalten könnte, wenn die Gleitzeit wirklich genutzt wird, sind vielfältig und können, wenn sie den Nerv der Schüler treffen, auch dazu beitragen, dass müde Schüler in die Schule kommen.

Auch im Arbeitsleben stößt man immer wieder auf Gleizeitmöglichkeiten. Warum also nicht auch an Schule. Dann aber bitte nicht als Mogelpackung, die mangelnde Unterrichtsstunden unter das Deckmäntelchen einer pädagogischen Idee versteckt.