Ich gehöre jetzt schon zu den älteren Semestern. Die Frisur ist einem breiten Scheitel gewichen und die Alterszipperlein plagen mich hie und da auch schon. Allerdings denke ich, dass ich noch recht gut in Form bin und das letzte Viertel meines Lebens genießen kann.
Zeitweise allerdings, wenn ich in Köln mit dem Rad unterwegs bin, fühle ich mich an Einsteins Relativitätstheorie erinnert oder frage mich, warum man so mit meiner noch verbleibenden Lebenszeit umgeht.
Einsteins Relativitätstheorie ist recht einfach an einem Beispiel erklärt. Man muss sich nur vorstellen, auf welcher Seite der Klotüre sich man befindet, wenn einen ein deutliches Bedürfnis drückt.
Vor der Klotüre zieht sich die Zeit wie Kaugummi. Sitzt man allerdings bequem, so hat man alle Zeit der Welt.
Vor zwei Tagen war ich am Wiener Platz in Köln-Mülheim. Wie immer bin ich mit dem Rad dorthin. Bei der Hinfahrt habe ich, wie es sich für einen ordentlichen Radfahrer gehört, den südlichen Radweg genommen und bin nicht gegen die Fahrtrichtung gefahren.
Jetzt, bei der Rückfahrt, wollte ich den nördlichen Radweg nehmen, die korrekte Seite, wenn man vom rechtsrheinischen zum linksrheinischen wechseln möchte.
Um den Radweg zu erreichen, musste ich vom Wiener Platz aus erst einmal die KVB-Gleise überqueren, dann die B 51 / L 138 und dann die Zufahrtsspur der Mülheimer Brücke.
Was sich ganz einfach anhört und im Grunde auch ganz einfach ist, stellte sich als eine große Geduldsprobe heraus.
Erst kam eine Bahn. Also Rot für mich, sodass ich warten musste, bis ich an die Ampel kam, die das Überqueren der B 51, die dort zur nach Deutz führenden L 138 wird.
Auch dort leuchtete mir ein dunkel Rot entgegen. Also wieder warten. Als ich dann endlich die Straße überqueren konnte, wechselte die Ampel, die den Verkehr auf der Zufahrt zur Mülheimer regelt auf Rotlicht.
Hier stand ich jetzt und wartet auf das grüne Ampellicht.
Und wartete und wartete und wartete.
Obwohl 30 Sekunden kein Auto kam und ich schon am Rande meiner Selbstbeherrschung anlangte und überlegte, ob ich das Rotlicht nicht einfach ignorieren sollte, wechselte die Ampel nicht auf Grün. Meine telepathischen Fähigkeiten scheinen bei Ampeln nicht zu funktionieren.
Gute zwei Minuten musste ich schätzungsweise dort verbringen, bevor die Ampel das Licht wechselte und ich den Zubringer überqueren durfte. Gefühlte vier Minuten musste ich warten, bis ich vom Wiener Platz endlich auf dem Radweg war und meine Fahrt fortsetzen konnte.
Ich habe dann noch kurz überlegt, ob ich den Weg nicht noch einmal zurücklegen sollte, um die Zeit zu stoppen. Habe es dann allerdings aufgrund meines fortgeschrittenen Lebensalters nicht getan.
Sollte ich diesen Weg noch einmal zurücklegen müssen, werde ich mir auf jeden Fall Proviant mitnehmen, damit ich nicht völlig entkräftet die gegenüberliegende Seite erreiche. Wünschenswert wären Defibrillatoren an jeder Kölner Ampel. :-)
Es gibt so viel in Köln zu optimieren, dass mit ziemlicher Sicherheit keiner der Verantwortlichen weiß, wo man am Geschicktesten anfängt. Was macht man also, wenn das Chaos zu groß geworden ist? Man streckt die Flügel, macht nichts und verhält sich im vollkommenen Einklang mit
„Et Jrundjesetz vunn Kölle“, hier insbesondere die Paragrafen 1, 2, 3, 6, 7, 9 und 11
§1: Et es wie et es!
§2: Et kütt wie et kütt!
§3: Et hät noch immer jot jejange!
§4: Wat fott es, es fott!
§5: Et bliev nix, wie et wor!
§6: Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet!
§7: Wat wellste maache!
§8: Maach et jot, ävver nit ze of!
§9: Wat sull dä Quatsch?
§10: Dringste eine met?
§11: Do laachs dich kapott!
Manche Dinge sind in Köln nur mit einer gehörigen Portion Humor zu ertragen!
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